LTT Intendant Thorsten Weckherlin zum „Lockdown“
„Den von der Bundesregierung geforderte und von den Bundesländern mitgetragene 'Lockdown-Light' (was für ein schreckliches Wortkonstrukt!) halte ich für komplett falsch! Der 'Lockdown' ist viel zu hart und gänzlich undifferenziert. Diesen eins zu eins umzusetzen, muss die Landesregierung verhindern. Er ist ein Schlag ins Gesicht unser Zuschauerinnen und Zuschauer. Das Landestheater Tübingen (LTT) kann bis heute ein Viertel seiner verfügbaren Plätze belegen. Und ist immer ausverkauft. Das ist gut so. Das LTT hat ausgeklügelte Hygiene- und Abstandsregeln. Wir müssen und wollen weiterspielen!
Seit dem Frühjahr sind wir einer permanenten Angst ausgesetzt. Wir setzen seit Monaten Zeichen der Hoffnung. Bundesweit ist kein einziges Theater ein Corona-Hotspot.
Unser wunderbares Kinder- und Jugendtheater kann nicht arbeiten, weil das Kultusministerium ein Verbot außerschulischer Veranstaltungen erlassen hat. Strukturell, wirtschaftlich und betriebspsychologisch ist das alles eine Katastrophe für die Bühnen.
Ich bin Vorstandsmitglied im Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Bühnenvereins. In der heutigen Sitzung (28.10.) in der Stadt Aalen haben Vorstand und Mitgliederversammlung intensiv über die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie beraten und ein durchweg positives Resümee zum Theater- und Konzertbetrieb der letzten Monate gezogen. Dank eben konsequenter Hygiene- und Sicherheitskonzepte sowie moderner Raumlufttechnik in den Veranstaltungssälen werde das Infektionsrisiko wirksam eingedämmt, betonte auch der Vorsitzende Ulrich von Kirchbach, der auch Kulturbürgermeister der Stadt Freiburg im Breisgau ist. Der drohende Lockdown sei daher unverständlich. Der Landesverband unterstrich, dass es einem Misstrauensvotum gegen das disziplinierte und verantwortungsvolle Publikum gleichkäme, wenn es angesichts dieser guten Erfahrungen abermals zu einem temporären Veranstaltungsverbot käme. Der Landesverband Baden-Württemberg unterstützte nachdrücklich den Appell von Bühnenvereins-Präsident Ulrich Khuon an die Bundeskanzlerin und die Landesregierungen, bei den geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie die Bühnen- und Konzerthäuser auszunehmen. Die Gefahr, dass bei diesem wichtigen Arbeitsfeld irreversible Schäden bleiben, ist groß. Ein rasches Umdenken muss her. Wenn das so weitergeht, werden die Theater zweitrangig in der Gesellschaft. Das kann keiner wollen.“