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Nach dem Versepos von Anne Weber · Bühnenfassung von Franziska Angerer und Christine Richter-Nilsson · 15+
https://cul-tu-re.de, 26. April 2024
(von Martin Bernklau)
Das Antike hat Kraft: diese Bilder, diese Sprache, dieser Klang, dieses Maß. Dass das auch in die Irre gehen kann, vergessen diese Frauen dabei nicht. Denn auch ihre Heldin verlief sich tief auf Irrwegen mit ihrem Idealismus. Der Text von Anne Weber ist ein leuchtendes Unikat und macht seit ein paar Jahren zurecht literarisch Furore. Franziska Angerer hat „Annette, ein Heldinnenepos“ zu Musik von Antonia Dering mit Susanne Weckerle, Insa Jebens und einem Chor in der LTT-Werkstatt kongenial inszeniert.
Es geht um Anne Beaumanoir, die vor zwei Jahren, fast hundertjährig, in der Bretagne starb, ihrer Heimat: kommunistische Kämpferin im Widerstand der Résistance, Judenretterin, als „Gerechte unter den Völkern“ von der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem in Jerusalem geehrt, Geliebte, Frau und Mutter, Forscherin und Ärztin, als Helferin der algerischen Befreiungsbewegung FLN – oft nah an Terror und islamischem Judenhass – von Frankreich verfolgt, verurteilt und vertrieben. Professorin am Klinikum Genf, im Schweizer Exil, 1990 heimgekehrt. Das, was man „umstritten“ nennt.
Zäumen wir das Pferd mit dem auf, was normalerweise erst später kommt. Bühne, Ausstattung und Requisite, die hier auch Regisseurin Franziska Angerer gemeinsam mit Olivia Rosendorfer zu verantworten hat und die ihre Inszenierung so antikisch bildmächtig machen.
Da werden als erstes zwei Feuerschalen entzündet, wie die Flamme am Kronoshügel von Olympia oder dann nach dem Fackellauf im Stadion das olympische Feuer, was das leider alles eine komplette Nazi-Erfindung für Hitlers Berliner Spiele von 1936 bleibt. Schwarz gewandet wie Erinnyen zieht litaneihaft singend auf leisen, unsichtbaren Sohlen der Chor ein, die Köpfe bedeckt mit janus-gesichtigen Goldmasken, halb Agamemnon, halb Horror-Narr.
Auch die beiden Hauptdarstellerinnen Insa Jebens und Susanne Weckerle tragen solche Doppelgesichter. Bekleidet sind sie allerdings mit einer Art Kampf- oder Arbeitsanzug, unter dem jeweils eine amazonenhaft bronzene Brustpanzerung hervorlugt. Sie laufen auf Soldatenstiefeln.
Im Zentrum dieses amphi-theatralischen Bühnenraums liegt flach ein Haufen rostroten Sandes, wie er auch das zentrale Requisit des Abends füllt: eine mannshohes, pyramidal geformtes Stundglas, eine Sanduhr, gerade noch tragbar und wendbar für eine Person.
Auch die Musik wäre normalerweise erst später und beiläufig zu benennen. Hier ist sie zentral. Dem Chor aus Tübinger Bürgerinnen und Bürgern, siebzehn Stimmen stark, hat Antonia Dering, der Textvorlage entsprechend, antikisch kommentierende Sätze geschrieben, die meist eingängig und übersichtlich klingen, aber dezent an klassische und moderne Muster anspielen, vom Fugato bis zum Bolero, von Hymnus bis HipHop. Zwischendurch Synthesizer-Klänge aus dem Off, auch recht kunstvoll.
Der Chor hat diese Stücke sehr sorgsam einstudiert, wobei es auf einen edlen Stimmklang nicht so sehr ankam, dafür umso mehr auch auf Choreografie. Denn die Truppe hatte genau abgezirkelte Bewegungskreise zu gehen, mit denen sie den ganzen, etwas abgewandelten Raum und seine Perspektiven vermaß bis hinauf hinter die letzte Reihe der Tribüne.
Die beiden Amazonen haben bis auf das Träufeln von Buchstaben („RESIST“) oder Herzen aus Sand und dem Bewegen des Stundglases nicht besonders viel Szenisches zu tun. Das aber tun sie mit Gemessenheit und stiller Größe. Viel wichtiger sind sie als Erzählerinnen: Insa Jebens mehr als Reflexion, Susanne Weckerle eher mit der Reportage. Da sind beide großartig, in Klarheit und Kraft, aber auch den Nuancierungen ihre für die Bühne ausgebildeten Stimmen.
Womit wir beim Text wären, der wohlgemerkt nicht fürs Theater geschrieben und deshalb auch nicht szenisch gedacht ist. Diese (meist) ins Versmaß von Hexametern gebundene Sprache mit ihren Alliterationen, Assonanzen und Binnenreimen sogar, hat etwas Magisches. Das merkt man gerade dann, wenn sie in einen banal alltäglichen Ton fällt wie in den Passagen über die Ehe. Der andere, höhere, aber kaum je feierliche Ton hat Heldisches allenfalls in romantisch-ironischer Brechung.
Das Offene ist gut. Wer hören kann und sehen, der mag sich selbst sein Bild machen über dieses gerade in seinen Widersprüchen so große Leben, über den Geist und den Charakter dieser Frau, der schon im ersten Satz sehr scharf gezeichnet ist: „So lebt der Mensch, indem er sterben will für andere.“ Anne „Annette“ Beaumanoir hat Großes geleistet und Gutes getan, hat gekämpft ein Leben lang. Sie hat Verrat, Verlust und Verletzung in Kauf genommen für Andere oder „für die Sache“. Dabei ist sie Irrwege gegangen und hat sich in Sackgassen verrannt. Immer wieder hat sie mutig dem Tod ins Auge geschaut – und ist doch steinalt dabei geworden.
Man muss sie sich, wie den Sisyphos von Camus, „als glücklichen Menschen vorstellen“, heißt es am Schluss dieser großartigen Inszenierung.
Schwäbisches Tagblatt, 18. April 2024
Warum machst du da mit, Annette? - Was treibt sie bloß an?
(von Moritz Siebert)
„Annette, ein Heldinnenepos“ erzählt das LTT als antikes Theater mit ambivalenter Heldin – soghaft und düster.
Sie glaubt nicht an Gott, aber er an sie; falls es ihn gibt, so hat er sie gemacht.“ Anne Beaumanoir (1923–2022) beschreibt die Autorin Anne Weber als „eine Pazifistin, die mit 15 lieber Terroristin werden will“. Im Zweiten Weltkrieg kämpft sie im Untergrund in der Résistance, rettet Juden das Leben, später schließt sie sich der algerischen Befreiungsfront an. Das Leben der Widerstandskämpferin Beaumanoir erzählt Weber in ihrem 2020 erschienen Buch „Annette, ein Heldinnenepos“ 2020 nach – als Versepos. Am LTT inszeniert Franziska Angerer den Stoff. Die Bühnenfassung stammt von Angerer selbst und von Christine Richter-Nilsson, die in Tübingen als Dramaturgin beteiligt ist.
Das Team zeigt das Stück als antikes Theater: In der LTT-Werkstatt sitzen die Zuschauer an drei Seiten, ein gemischter Chor aus Tübinger Sängerinnen und Sänger agiert, verteilt sich im Raum, sammelt sich häufig an der freien vierten Seite. Die beiden handelnden und erzählenden Figuren (Insa Jebens und Susanne Weckerle), eine Mischung aus antiken Kämpferinnen und Soldatinnen (Bühne und Kostüme: Olivia Rosendorfer), werden von allen Seiten beobachtet. Allein das schafft eine beklemmende Situation. Dazu kommt eine düstere Stimmung: Alle Beteiligten tragen janusköpfige Masken, der Chor singt mehrstimmig, sorgt für sakrale Atmosphäre, auch wenn folkloristische und jazzige Elemente in die Musik einfließen (Musik: Antonia Dering). Dieser Chor begleitet, schaut genau hin und kommentiert – meist ziemlich direkt: „Es gibt Träume und es gibt das Erwachen.“
Die anachronistisch wirkende Form des Versepos ist standesgemäß für eine Heldin und ihre Geschichte, Text und Inszenierung hieven Annette aber keinesfalls unumstößlich auf ein Podest. Im Gegenteil: Das Stück legt Widersprüche offen, zeigt biografische Brüche und Ambivalenzen auf, lässt die Figur sich selbst reflektieren.
Das funktioniert so gut, weil es die ästhetische Höhe eines Epos hat. Der Vers gibt jedem Wort Bedeutung, er sorgt für einen permanenten Rhythmus, einem Flow, dem man sich kaum entziehen kann. Annette sitzt anfangs im Sand und sucht Muscheln, schreibt das Wort „Résisté“ in den Sand. Das Widerstehen, heißt es, sei kein einmaliger Beschluss, eher ein Hineingeraten. Früh wird deutlich, dass in dieser Figur von Beginn an etwas angelegt ist, das zum Widerstand drängt.
Den Text teilen sich als sprechende und handelnde Figuren Jebens und Weckerle – mit einer konzentrierten Ruhe, in der eine permanente Spannung liegt. Allein dieses Splitten deutet schon auf Ambivalenz. Und immer schwingt die Frage mit, was es ist, was Annette antreibt: die reine Abenteuerlust, der Idealismus, Besessenheit? Wir kommen der Heldin ganz nah, und doch bleibt sie uns merkwürdig fremd.
Jebens und Weckerle erschaffen Bilder, die häufig auf einer abstrakten und symbolhaften Ebene angelegt sind, sie wirken wie Erinnerungen, manchmal wie Traumbilder. Durch das Setting als antikes Theater und dem Erzählstil wirkt die Geschichte universell und der Zeit entbunden. Man kann als Zuschauer kaum anders, als Parallelen zu suchen zu den Heldinnen unserer Zeit.
Aber die Zeit, sie rieselt unaufhaltsam, die Vergänglichkeit ist in Form einer überdimensionierten Sanduhr auf der Bühne immer präsent. Und was im Sand auf dem Boden geschrieben steht, verwischt zunehmend. Annette heiratet, bekommt Kinder, arbeitet als Ärztin. Im geregelten Leben und im Wohlstand (sie kann sogar Urlaub), findet sie aber weder Halt noch Ruhe.
Es zieht sie wieder in den Widerstand, als sogenannte „Kofferträgerin“ transportiert sie Geld für die Nationale Befreiungsfront in Algerien. „Warum machst du da mit, Annette?“, fragt der Chor. Die Heldin kommt in Haft, merkt schließlich im Gefängnis, dass sie für ein Land kämpft, das ihr fremd ist, und dass auch bei der Befreiungsfront gefoltert wird.
Annette schleppt die Sanduhr auf dem Rücken über die Bühne, ist gleichermaßen Heilsbringer und Sisyphos. Der Stein wird immer größer, kommentiert der Chor, der Gipfel immer höher. Mit dem Gefühl von Unnahbarkeit und Bedrücktheit lässt sie ihre Beobachter zurück. Man möge sich doch, heißt es am Ende, Annette, ebenso Sisyphos, glücklich vorstellen. Nur fällt das so schwer.
Unterm Strich
Bilder, entlehnt aus Erinnerungen und Traumwelten, ein Chor, der unablässig kommentiert und beobachtet: In einer düsteren und spannungsreichen Atmosphäre zeichnet das Stück „Annette, ein Heldinnenepos“ am LTT das Leben einer ambivalenten Heldin nach. In diesem Setting kann man sich der Geschichte nur schwer entziehen.
Reutlinger General-Anzeiger, 16. April 2024
(von Christoph B. Ströhle)
Was macht Helden zu Helden? Nicht zuletzt, dass ihre Taten besungen werden. Wobei als die älteste Heldendichtung Europas die homerische Epik (»Ilias« und »Odyssee«) gilt. Vielfach sind heute Biopics – Filmbiografien – an die Stelle von Heldensagen getreten, das Heldentum selbst wird eher kritisch gesehen, oder es wird von »Vorbildern« gesprochen, was das zur Rede Stehende eher in die Sphäre des Menschlichen denn ins schier Übermenschliche rückt.
Anne Weber spielt in ihrem biografischen, als Epos angelegten Roman »Annette, ein Heldinnenepos« mit dem Bezug zur Antike und all dem, was man mit Heldentum assoziiert. Die Autorin behandelt darin das Leben von Anne »Annette« Beaumanoir (1923 bis 2022). Das Buch wurde als bester deutschsprachiger Roman des Jahres 2020 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
Dass Webers Text einen wunderbaren Stoff fürs Theater abgibt (Bühnenfassung: Franziska Angerer und Christine Richter-Nilsson), lässt sich am Landestheater Tübingen erleben, wo Franziska Angerer mit einem Chor aus Tübinger Bürgerinnen und Bürgern »Annette, ein Heldinnenepos« als antikes Theater inszeniert hat. Der Chor besteht aus Aaron Bales, Claudia Beck, Annette Bidlingmaier, Annette Högerle, Michaela Kauschke, Volker Kracht, Helga Kröplin, Carolin Lehmann, Katharina Moritzen, Marie Penka, Dieter Renner, Irmgard Rössler, Martin Schlenhardt, Adelheid Schöning, Katja Seitz, Belinda Thum und Johanna Villhauer. Hinzu kommen die Schauspielerinnen Insa Jebens und Susanne Weckerle, die aus dem Chor heraustreten und im Wechsel den sprachlich-erzählenden Teil der Geschichte übernehmen beziehungsweise die bildhaft-assoziative Ebene vermitteln.
Allesamt tragen die Akteurinnen und Akteure auf der Bühne zweigesichtige goldene Masken. Die Ambivalenz ist so allgegenwärtig – auch in der Art und Weise, wie sich der Chor kommentierend in das Erzählte einmischt, kritische Fragen stellt, Zweifel artikuliert, die die Heldin umtreiben.
1923 in der Bretagne geboren, geht Annette, als die Deutschen 1940 Frankreich besetzen, in die Résistance, versteckt, ohne Absprache mit der Gruppe, zwei jüdische Jugendliche und rettet ihnen damit das Leben. Altruismus, Idealismus und Abenteuerlust, so scheint es, vermengen sich bei der Kommunistin, Ärztin und Mutter, die nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise ein bürgerliches Leben führt und 1959 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wird, weil sie im Algerienkrieg die Nationale Befreiungsfront unterstützt hat. Ihr gelingt die Flucht nach Tunis, doch ihren Kindern, die sie nicht mitnehmen kann, wird sie dadurch entfremdet. »War’s das wert? Hab’ ich recht getan?«, wirft der Chor als Frage auf.
Zu den Zweifeln, die anklingen, gehört, dass Annette die algerische Kultur im Grunde fremd ist – sie hat als Urlauberin die französische Kolonie besucht. Trotzdem setzt sie sich für die Algerier ein, die die Unabhängigkeit von Frankreich anstreben. Dass im Namen des französischen Staats Menschen gefoltert werden, bestärkt sie in ihrem Aktivismus. Dass auch die algerische Seite foltert, erschüttert ihr Weltbild, wie Anne Weber deutlich macht. Nach dem Staatsstreich 1965 in Algerien flieht sie in die Schweiz, wo sie in der Universitätsklinik in Genf arbeitet. Nach ihrer Pensionierung kehrt sie 1990 nach Frankreich zurück und stirbt dort 2022.
Unter der Last einer übergroßen Sanduhr, die der Chor eingangs hereingetragen hat, drohen Susanne Weckerle und Insa Jebens als Annette zeitweise fast zusammenzubrechen. Die Parallele zu Sisyphos wird hergestellt – in der Lesart Jean-Paul Sartres, wonach, wer erkannt hat, dass das Verhältnis des Menschen zur Welt absurd ist, die falschen Hoffnungen begraben kann. Wonach der absurde Mensch aber auch frei ist für den Augenblick und erfüllt von dionysischer Lebensfreude.
Olivia Rosendorfers Bühne und Kostüme verknüpfen Glanz und Schatten, Idealisierung und düsteres Ritual. Stark ist die Präsenz von Susanne Weckerle und Insa Jebens und des Chores, der die ganzen 90?Minuten mit auf der Bühne ist und teilweise um das Publikum herum agiert. Die Textpassagen, die Antonia Dering mit teils sehr jazzigen Harmonien vertont hat, sind gut ausgewählt und entfalten in der Darstellung durch den Chor eine beeindruckende Wirkung. Eine »Heldin« wird uns da präsentiert, die oft im Stillen agiert und sich bei fast allem, was sie tut, von uns auch infrage stellen lässt.
Schwarzwälder Bote, 29. Februar 2000
Präzise Erzählung auf rötlichem Sand
(von Christoph Holbein)
„Annette, ein Heldinnenepos“ nach dem Versepos von Anne Weber überzeugt in der Bühnenfassung von Franziska Angerer und Christine Richter-Nilsson im Landestheater Württemberg-Hohenzollern vor allem durch die genaue Artikulation des Textes.
Die Assoziation ist deutlich: Der Chor aus Tübinger Bürgerinnen und Bürger in langen schwarzen Gewändern, die beiden Protagonistinnen Insa Jebens und Susanne Weckerle in militärisch anmutender Uniform und alle Akteure mit janusköpfigen Masken auf den Gesichtern: Franziska Angerer inszeniert „Annette, ein Heldinnenepos“ in der Werkstatt des Landestheaters Tübingen Reutlingen in der Tradition einer antiken Tragödie, in der Logik des antiken Theaters.
Die Hommage in Anne Webers Roman an Anne Beaumanoir, die 1940 in Frankreich in die Résistance geht und im Widerstand viele Leben rettet, entwickelt sich auf der LTT-Bühne entlang des Rhythmus’, der sprachlichen Präzision und der feinen Ironie der Autorin.
Viel an Handlung geschieht dabei nicht in der Inszenierung: Eine überdimensionale Sanduhr wird aufgestellt, auf die Seite gelegt, herumgetragen, umgestellt; der Chor wandert immer wieder von Podest zu Podest, durch den Raum, ins Publikum; die beiden Protagonistinnen setzen sich und legen sich in den rötlichen Sand, mit dem sie Buchstaben und Herzchen bilden oder aus dem sie kleine Muscheln – oder sind es Steinchen? – fischen. Aber in der Hauptsache bleibt das Schauspiel äußerst textlastig, spürt der Geschichte Anne Beaumanoirs nach, die später im Algerienkrieg gegen die Besatzungsmacht Frankreich kämpft und dafür als Verräterin zu zehn Jahren Haft verurteilt wird, aber fliehen kann, erzählt von Mut und Vertrauen, von Ängsten, Zweifeln und Opfern.
Die Zuschauer verfolgen das Geschehen – ganz der antiken Tradition verhaftet – auf vier Tribünen rundherum verteilt, eingenommen und gefesselt von der Sprachgewalt des Versepos’.
Der Chor, der sich immer wieder gesanglich und tänzerisch einmischt, offeriert eine gute Leistung. Insa Jebens und Susanne Weckerle erzählen präzise und pointiert, geben den Worten und dem mitunter leisen Humor Raum.
Insgesamt ist das ordentlich und in der Anlage der Inszenierung stimmig choreographiert. Der Text ist intensiv verarbeitet.
Die Botschaft kommt an: Es geht gegen Unterdrückung und Fremdherrschaft, gegen Hass und Intoleranz, gegen Vorurteile und Rassismus. Die Zweifel der Heldin allerdings bleiben: „War es das wert, habe ich recht getan?“ Bleibt es nicht nur beim Versuch, die Welt zu verbessern, bringt die Realität nicht die Ernüchterung, rollt der Felsblock nicht immer wieder wie bei Sisyphos kurz vor dem Erreichen des Gipfels hinunter?
Die Antwort darauf muss sich jeder nach einem Abend mit einer in ihren epischen und dramatischen Elementen interessanten Inszenierung selbst geben.