Die Aufführung betonte den französischen Ursprung des Märchens: Mit ironischem Akzent stellt es menschliches Liebesbedürfnis dar, und die jungen Besucher genossen das begeistert. [...]
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Märchenbearbeitung von Anne-Kathrin Klatt
Uraufführung
6+
Schwarzwälder Bote, 8. Dezember 2016
Das Biest rezitiert plötzlich Eichendorff-Gedichte
(von Wolfgang Tribukait)
Märchen. Aufführung betont den französischen Ursprung / Poetischer Zauber und ironische Rationalität
Eine moderne Bearbeitung des französischen Märchens "Die Schöne und das Biest" von Anne Kathrin Klatt, die auch Regie führte, brachte das Landestheater Tübingen im Villinger Theater am Ring auf die Bühne. [...]
Die Aufführung betonte den französischen Ursprung des Märchens: Mit ironischem Akzent stellt es menschliches Liebesbedürfnis dar, und die jungen Besucher genossen das begeistert. [...]
Sehr geglückt beschwört das Bühnenbild einen lichten französischen Wald, in dem erst Belles Vater, dann das Mädchen durch Zauber gebannt sind. Und charmant wird im Schattenriss den Besuchern des Schlosses wie von Geisterhand ein gutes Abendessen serviert. Dann wieder derb komisch die Szene, in der der Diener Lapin am Morgen die schlummernde Belle durch laute Staubsauger-Geräusche weckt.
Eigenartig verbindet die Aufführung märchenhaften poetischen Zauber mit ironischer Rationalität und Elementen unserer Gegenwart. Aber das betont den Kern der Fabel: Hinter abstoßendem Äußeren verbirgt sich manchmal ein zarter, liebenswerter Mensch. Das kindliche Publikum dankte mit reichem Applaus.
Reutlinger General-Anzeiger, 19. September 2016
„Die Schöne und das Biest“: Nur Herzen sehen gut
(von Miriam Steinrücken)
Mit der Märchenbearbeitung »Die Schöne und das Biest« eröffnet das Junge LTT die neue Spielzeit
Wie kommt der hässliche Kerl zu der jungen, schönen Frau? Hat er Geld, soziales Prestige oder liegt es am guten Charakter? Andreas Laufer ist mit allen dreien gesegnet und noch dazu mit einer der beiden Hauptrollen in »Die Schöne und das Biest«, einem Theaterstück, das am Samstag im Jungen LTT Premiere feierte. [...]
Schwäbisches Tagblatt, 19. September 2016
(von Dorothee Hermann)
Das märchenhafte Verwandlungsstück "Die Schöne und das Biest" am Jungen LTT
Ein dichter Wald mit einem blutroten Blätterteppich ist ein angemessen unheimlicher Ort für ein Untier, dem alles zuzutrauen ist. Andererseits hat sich der altfranzösische Märchenstoff von der Schönen und dem Biest derart verbreitet, zuletzt bis in Film und Musical, dass in der Bilderflut die Geschichte zu verblassen droht. "Sicher kennen Sie alle diesen berühmten Film. Vergessen Sie alles! Wir zeigen heute, wie es wirklich war." So kündigte bei der packenden Premiere des Jungen LTT am Samstagnachmittag eine Art Zirkusdirektor oder altmodischer Zeremonienmeister (Rupert Hausner) die Märchenbearbeitung von Anne-Kathrin Klatt (Regie) an.
Der französische Akzent dieses Majordomus, den Hausner auch in weiteren Rollen beibehält, dürfte eine Hommage an den Text aus dem 18. Jahrhundert sein. Wie formvollendet dieser Direktor bleibt, ganz gleich, welche Seltsamkeiten um ihn herum vorgehen, das lässt den düsteren Märchenstoff, bei dem ein junges Mädchen einem unberechenbaren Untier überlassen werden muss oder sich diesem selbst ausliefert, als beherrschbar erscheinen. Vor allem, wenn Hausner als ausgesucht höfliches Mischwesen aus Mann und Hase (wiederum französisch "Lapin" gerufen) dem Unhold als Kammerdiener aufwartet. So weit die Lesart für erwachsene Zuschauer.
Aus Kindersicht dürfte dem Lieblingsbuch des Mädchens Valérie (wunderbar: Angelina Berger zwischen Grauen, Staunen und Courage) diese Funktion zukommen. Einerseits schon ganz junge Frau in ihrer eleganten Korsage und dem nur angedeuteten Reifrock (Bühne und Kostüme: Vesna Hiltmann), liest Valérie (die vom Untier nur "Belle", die Schöne, gerufen wird) am liebsten "Pippi Langstrumpf". Wie ein Talisman begleitet das charakteristische blaue Buch das Mädchen ins Schloss des Ungeheuers.
Sie selbst hat entschieden, sich dem gruseligen Geschöpf auszuliefern - um ihren Vater zu retten, der dem monstermäßigen Schlossherrn unwissentlich eine Rose gestohlen hatte. In der unheimlichen Szenerie, vervielfacht durch Schattenspiel, Handpuppen (Figurenbau: Anja Müller), Geräusche und einer mitunter fast sprechenden Musik (Christian Dähn), bleibt "Pippi" ein Zeichen der vertrauten (Kinder-)Welt.
Wenige klug ausgewählte Requisiten reichen aus, um wie von Zauberhand ein kleines Prunkgemach in den Gruselwald zu setzen. Es ist für Valérie, als wäre das Mädchen ein Ehrengast, dem es an nichts fehlen soll - statt einer Gefangenen, auf die möglicherweise der Tod wartet (wie sie selbst fürchtet).
Wer sich in der äußerst suggestiven Atmosphäre nicht verliert, merkt bald, dass das Ungeheuer am bedrohlichsten scheint, wenn es gar nicht oder nur als Schatten zu sehen ist und dabei ein fürchterliches Brüllen hervorstößt. Je näher es Valérie (und auch den Zuschauern) rückt, desto harmloser wirkt es, manchmal sogar unfreiwillig komisch. Gravitätisch einherschreitend in einem kostbaren, lackroten Umhang, aus dem aus einem wackligen Hälschen ein ungeschlachtes Gesicht herausragt: mit der Miene einer unglücklichen Kuh. Dabei ist das Biest zunächst schreckenerregend genug. Wenn es sich missachtet fühlt, baut es sich mit saurierähnlicher Wucht drohend vor "Belle" auf.
Wie die beiden über diesen Abgrund von Angst, Abwehr und Scham Gemeinsamkeiten entdecken, ist rührend anzusehen. Nicht ganz überzeugend fällt leider die Auflösung des eindrucksvollen Bilderreigens aus. Auch die Message "Mit dem Herzen sehen" ist ein bisschen schlicht für Bedeutungsebenen wie Gewalt, Ausgeliefertsein und das Verkanntwerden durch Entstellung, die das Märchen ebenfalls enthält.
Unterm Strich
Schafft eine gelungene Balance zwischen düsteren Gruseleffekten und rettender Komik. Kleinere Kinder brauchen für besonders suggestive Szenen vielleicht eine elterliche Hand, die die eigene hält. Bis auf die allerletzte Wendung eine überzeugende, fast magische Re-Inszenierung des düster-faszinierenden Märchenstoffes.
Schwäbisches Tagblatt, 16. September 2016
(von Susanne Schmitt (LTT-Vorbericht))
Mit einem Plädoyer für innere Werte startet das Junge LTT in die Spielzeit
Am morgigen Samstag um 16 Uhr ist am Jungen LTT Premier von „Die Schöne und das Biest“. Inszeniert wird diese Märchenbearbeitung für junge Menschen ab sechs Jahren von Anne-Kathrin Klatt, die das Stück auch geschrieben hat. Mit der Figurenspielerin und Tanzpädagogin sprach Dramaturgin Susanne Schmitt.
Susanne Schmitt: Bisher haben Sie am Jungen LTT immer eigene Stücke entwickelt oder, wie bei „Der schöne Fischer“, eine eher unbekannte Vorlage bearbeitet. Was reizt Sie jetzt an einer so berühmten Geschichte wie „Die Schöne und das Biest“?
Anne-Kathrin Klatt: Für mich steckt in diesem Märchen so viel drin: Abenteuer, Grusel, Phantasie, Groteske, Romantik, Poesie und Humor. Besonders das Biest als Figur ist eine theatrale Herausforderung, die viel Spaß macht. Es vermittelt die Fremdheit eines Monsters und gleichzeitig hat es menschlichen Züge, die es liebenswert machen. Die Aussage des Stücks, die inneren Werte eines Menschen zu erkennen und nicht nur das äußere Erscheinungsbild zu bewerten, ist eine Aufforderung zur Empathie und zur Überwindung des Fremden, Bedrohlichen. Das alles auf eine poetische, bilderreiche Weise zu zeigen, reizt mich sehr.
Sie lassen die Geschichte von Belle und dem Biest als Stück im Stück erzählen, aufgeführt von einer etwas altmodischen Theatergruppe. Wie kam es zu dieser Entscheidung, die Märchenhandlung in einen Rahmen einzubetten?
Die Theatertruppe, das sind Varietékünstler, die mit einer Mischung aus französischem Vaudeville-Theater und Moritatenerzählung ihre Vorstellung zum Besten geben. Ich mag es, wenn man den Zuschauer bewusst in eine Märchenwelt „entführt“; wenn mit dem Genre gespielt wird und das Märchenhafte, Phantastische damit auch sehr komödiantische Züge bekommt. Für Kinder bietet der Rahmen auch die Möglichkeit, dass sie durch das direkte Erzählen in die Handlung hineingeholt, also von jemanden abgeholt werden.
Viele Menschen kennen die Disney-Verfilmung und haben daher oftmals konkrete Vorstellungen davon, wie etwa das Biest auszusehen hat. Ging es Ihnen auch so?
Ich hatte eigentlich keine Filmbilder im Kopf. Ich habe mich mehr mit der original Märchenvorlage beschäftigt und dann mischen sich Inhalt und eigene Bildideen. Inspiration für den Kopf des Biestes war zum Beispiel eine groteske Plastik am Ulmer Münster, eine Idee unserer Puppenbauerin Anja Müller. Dazu kommt die Phantasie und Ästhetik der Ausstattung von Vesna Hiltmann, die Alt mit Modern bricht und so viele eigene inspirierende Ideen mitbringt. Daher war der Film für mich nicht so präsent.
Ihre Inszenierung ist eine Mischung aus Schauspiel, Figurentheater und Schattenspiel. Lässt sich das so einfach mischen oder nach welchen Kriterien haben Sie den jeweiligen Spielstil festgelegt?
Klar war von vorne herein, dass das Biest eine Großfigur ist und Belle eine Schauspielerin. Da treffen schon mal zwei völlig unterschiedliche Welten sehr reizvoll aufeinander. Wie können diese beiden eine glaubwürdige Beziehung zueinander entwickeln? Das ist ein Thema, das uns in der Probenarbeit beschäftigt hat. Und das Schattenspiel kommt dann zum Beispiel bei geheimnisvollen, surrealen Szenen vor. Ich sehe aber auch das reine Schauspiel als Bildertheater. Was lässt sich am besten mit welchem Mittel darstellen, ist da die Frage. Wenn man mit mehreren darstellerischen Mitteln arbeitet, geht es stark um die Atmosphäre, die die Bilder erzeugen. Oft entscheide ich intuitiv.