Franzsika Beyer, Martin Bringmann, Insa Jebens, Foto: Martin Sigmund
Insa Jebens, Franziska Beyer, Foto: Martin Sigmund
Franzsika Beyer, Foto: Martin Sigmund
Insa Jebens, Franziska Beyer, Foto: Martin Sigmund
Franzsika Beyer, Insa Jebens, Foto: Martin Sigmund
Insa Jebens, Franziska Beyer, Foto: Martin Sigmund
Insa Jebens, Franziska Beyer, Foto: Martin Sigmund
Martin Bringmann, Insa Jebens, Foto: Martin Sigmund
Martin Bringmann, Insa Jebens, Foto: Martin Sigmund
Insa Jebens, Martin Bringmann, Foto: Martin Sigmund
Insa Jebens, Martin Bringmann, Foto: Martin Sigmund
Martin Bringmann, Foto: Martin Sigmund
Martin Bringmann, Franziska Beyer, Foto: Martin Sigmund
Franzsika Beyer, Foto: Martin Sigmund
Franzsika Beyer, Insa Jebens, Foto: Martin Sigmund
Insa Jebens, Franziska Beyer, Foto: Martin Sigmund

Die Zofen

Surrealer Alptraum-Krimi von Jean Genet · 16+


Schwäbisches Tagblatt, 13. Februar 2025

Alles nur ein Spiel, oder?

(von Moritz Siebert)

Das Landestheater Tübingen zeigt Jean Genets „Die Zofen": ein überdreht-schriller Alptraum, bei dem die Zuschauer einiges aushalten müssen. Sehenswert ist die Inszenierung aber, allein schon wegen des herausragenden Darsteller-Trios.

Dass die Gnädige Frau eine Kopie des schillernden Modemachers Harald Glööckler ist, überrascht nicht, damit hat das LTT schon im Vorfeld geworben. Der Auftritt in Szene 2 wird trotzdem zum Ereignis: Zu Queens „Bohemian Rhapsody" stolziert die Gnädige Frau, gesäumt von Blumen, wie auf dem Laufsteg durch Nebel. Sie verteilt Autogrammkarten im Publikum, und kurzzeitig werden die beiden Zofen zu Groupies, die ihre Gnädige Frau anbeten. Die Überdrehtheit nochmal eine Nuance zu übertreiben hat hier maximal verstörende Wirkung, schließlich befinden wir uns schon in einer ziemlich verstörenden Welt.

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Reutlinger General-Anzeiger, 9. Februar 2025

Aufstand der Unanständigen »Die Zofen« am Tübinger LTT

(von Heiko Rehmann)

In Jean Genets Tragödie »Die Zofen« geht es um mehr als nur um den Aufstand unterprivilegierter Dienstmädchen gegen ihre privilegierte Herrin, wie in der Premiere am LTT zu sehen war. Für Unterhaltung sorgt eine Promi-Parodie.

 

Claire sitzt am Schminktisch. Der Spiegel ist zugleich ein Bildschirm, über den »Aktenzeichen XY« flimmert – und damit bei der Premiere am Freitagabend auf der Bühne des LTT nur einen Teil des psychologisch höchst raffinierten Kammerspiels »Die Zofen« von Jean Genet intoniert. Das Dienstmädchen Claire ist die »Gnädige Frau« und Solange ist Claire. Die beiden Schwestern spielen Herrin und Zofe und drücken darin nicht nur die Abneigung ihrer Dienstherrin gegenüber aus, sondern auch die gegenseitige Hassliebe, in der sie gefangen sind.

»Das weiße Paillettenkleid«, befiehlt Claire. »Die Gnädige Frau wird das rote Kleid anziehen«, antwortet Solange und lässt in ihrem doppelten Spiel die Erotik von Macht und Unterwerfung aufschimmern, sowohl was das Verhältnis beider Schwestern ihrer Herrin gegenüber betrifft, als auch, was das Verhältnis der Schwestern untereinander betrifft: »Ich kann die Brust der Gnädigen Frau unter dem Samt nicht vergessen. Wenn die Gnädige Frau seufzt und dem Gnädigen Herrn von meiner Ergebenheit spricht…«

Im Spiel eignet sie sich als Herrin das Verbrechen an, das sie als Dienstmädchen tatsächlich begangen hat: Mit gefälschten Briefen hat sie den Ehemann ihrer Herrin ins Gefängnis gebracht. In der Rolle der Gnädigen Frau fantasiert sie davon, ihn auf dem Weg in die Strafkolonie zu begleiten. Während sie sich in die Leidenschaft ihrer Herrin imaginiert, hofft sie gleichzeitig, dass der Schmerz diese umbringen möge, damit sie deren Vermögen erben könne.

Bei der Premiere 1947 wurde Jean Genets Tragödie als Aufstand der Unterprivilegierten interpretiert. Dabei ist das Stück weit vielschichtiger. »Ich lese in deinen Augen, wie du mich hasst«, sagt Claire. »Ich liebe Sie«, antwortet Solange im Rollenspiel, in dem immer auch das Verhältnis der beiden Schwestern mitschwingt. Wie das Findelkind Genet eine Karriere als Poet und Verbrecher einschlug, obwohl er von seinem Ziehvater durchaus liebevoll aufgezogen wurde, so spielen und planen die beiden Schwestern den Mord an ihrer Herrin, obwohl diese großzügig und freundlich mit ihnen umgeht: »So tötet uns die Gnädige Frau mit ihrer Sanftmut. Die gnädige Frau geht uns auf die Nerven mit ihrer Güte.«

Am Ende trinkt Claire den Schierlingsbecher, der ihrer Herrin zugedacht gewesen war. Weil sie ihr unterprivilegiertes Leben nicht mehr ertragen kann? Aus Angst vor dem eigenen Verbrechen? Weil sie mit der symbiotischen Hassliebe zu ihrer Schwester nicht mehr umgehen kann? »Diesmal werden wir das Spiel zu Ende spielen. Du wirst allein unser beider Leben auf dich nehmen. Vergiss nicht, dass du mich in dir trägst.«

Auch wenn Vinzenz Hegemanns Lichtdesign die verschiedenen Ebenen sichtbar werden lässt, wirkt Thorsten Weckherlins Inszenierung etwas eindimensional. Nicht alle Regieeinfälle erschließen sich. Dass die Gnädige Frau als alter weißer Mann auftritt, mag dem Zeitgeist geschuldet sein. Warum es aber ausgerechnet der Selbstdarsteller Harald Glööckler sein muss, wird nicht ganz klar, denn bei Genet ist es gerade die Gnädige Frau, die als Einzige keine Rolle spielt. Und mehr als ein witziger Regieeinfall ist auch die Anspielung auf das örtliche Modehaus nicht. »Kleider machen Leute« – aber diese zeitlose Erkenntnis trifft immer und überall zu.

Leben und Tempo gewinnt die Inszenierung durch das gekonnte Spiel von Franziska Beyer, die Claire in allen emotionalen Facetten auslotet, und von Insa Jebens, die Solange in einer hinreißenden Mischung aus Schüchternheit und Aufbegehren spielt.

Martin Bringmann platzt mit überwältigender Bühnenpräsenz herein, singt und schlängelt sich durch die Zuschauerreihen. Genau wie sein Gesicht hoffnungslos überschminkt ist, gibt die Wucht seines Auftritts dem Spiel eine ganz andere Richtung als sie Genet der Gnädigen Frau mit ihrer besorgten und kummervollen Art zugedacht hat. Die poppige Musik von Jörg Wockenfuß tut ihr Übriges, um aus dem psychologisch raffinierten Kammerspiel eine grelle Showveranstaltung zu machen, die ihren eigenen Charme hat.


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Die deutsche Bühne, 8. Februar 2025

Nur noch ein Krimi

(von Manfred Jahnke)

Regisseur Thorsten Weckherlin steckt Jean Genets „Die Zofen“ in seiner Inszenierung am Landestheater Tübingen in ein Fernsehkrimi-Gewand. Eine Bereicherung, die ihre eigenen Schwächen mitbringt.

Einmal Provokation – immer Provokation? 1947 stehen in den „Zofen“ von Jean Genet die rituellen Rollenspiele, die die Verkehrung von Knecht und Herr in einer erotisch aufgeladenen Atmosphäre einüben, im Zentrum der Handlung. 2025 sind diese weiterhin von Bedeutung, finden sich aber in einem gänzlich veränderten dramaturgischen Kontext wieder. Deutlich wird dies in der Inszenierung am Landestheater Tübingen (LTT), die das Stück in einen „Surrealen Alptraum-Krimi“ – so der Ankündigungstext im Programmflyer – transformiert.

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Cul-Tu-Re.de – online, 8. Februar 2025

„Die Zofen“ – Mord und Trash

(von Martin Bernklau)

Ein Rückschritt? Der schwule französische Verbrecher-Dichter Jean Genet hat sich für seine „Zofen“ lauter Männer in den drei Frauenrollen vorgestellt. Intendant Thorsten Weckherlin besetzt in seiner Inszenierung nur die Madame, die „gnädige Frau“ mit einem Mann. Aber wie! Als knalliger Harald Glööckler tritt Martin Bringmann aus dem Bühnennebel zwischen die Zofen Insa Jebens und Franziska Beyer. Am Freitagabend war die fast ausverkaufte Premiere im Großen Saal des Tübinger LTT.

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