Gilbert Mieroph, Franziska Beyer · Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer · Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer, Dennis Junge · Foto: Tobias Metz
Rosalba Salomon · Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer · Foto: Tobias Metz
Gilbert Mieroph, Dennis Junge · Foto: Tobias Metz
Dennis Junge · Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer, Dennis Junge, Rosalba Salomon, Gilbert Mieroph, Jonas Hellenkemper · Foto: Tobias Metz
Gilbert Mieroph · Foto: Tobias Metz
Dennis Junge, Gilbert Mieroph, Rosalba Salomon, Jonas Hellenkemper · Foto: Tobias Metz
Dennis Junge, Gilbert Mieroph · Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer, Dennis Junge · Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer · Foto: Tobias Metz
Dennis Junge, Jonas Hellenkemper, Rosalba Salomon, Gilbert Mieroph · Foto: Tobias Metz

Frankenstein

Nach der Gothic Novel von Mary Shelley · 14+


Schwäbisches Tagblatt, 18. Juni 2024

Bin ich Mensch, bin ich Tier?

(von Peter Ertle)

Wie der Praxisbeweis einer Theorie eine leidende Kreatur erschafft, zum Mörder macht und einen ehrgeizigen, aber verantwortungslosen Forscher böse einholt: Frankenstein am Landestheater.

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Reutlinger General-Anzeiger, 16. Juni 2024

Wer ist hier das Monster?

(von Thomas Morawitzky)

Das LTT bringt Mary Shelleys Horror-Klassiker »Frankenstein« mit Musical-Elementen auf die Bühne

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cul-tu-re.de, 15. Juni 2024

Das Monster leidet

(von Martin Bernklau)

Dominik Günther nimmt sich am Tübinger LTT das Horror-Urbild aus Mary Shelleys Schauerroman vor.

Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge, den Regisseur Dominik Günther mit seiner LTT-Truppe da veranstaltet. Besser bebildert: auf dem Skalpell. Denn der „Frankenstein“, den er da nach Mary Shelleys epochemachender und stilbildender Gothic Novel inszeniert, ist alles in einem: Drama und Musical, Tragödie und Comedy, Parodie und Groteske. Ernste Scherze. Fast das Erstaunlichste dabei war am Freitagabend, dass es tatsächlich funktionierte.

Das Publikum – trotz unschlagbarer Fußballkonkurrenz gab es keine allzu großen Lücken auf den Rängen – schien mit seinen Erwartungen anfangs zwar verunsichert, feierte die Inszenierung am Ende aber in ziemlich einhelliger Begeisterung, auch wenn hier und da eine gewisse Ratlosigkeit übrig zu bleiben schien.

Die Britin Mary Shelley, eine damals noch sehr junge Frau und Dichtergattin aus künstlerisch-philosophischem Hause, hat mit ihrem 1819 zunächst anonym veröffentlichten Roman wie in einem Knoten alte und damals aktuelle Stränge – Alchimie und Hexenwahn, prometheischer Wissenschaftsglaube und Begeisterung über Naturphänomene wie Elektrizität – zusammengeführt und damit ein Genre begründet, dessen Fäden weitergesponnen wurden bis hin zu Dracula, der Rocky Horror Picture Show oder bis zur Welt des Harry Potter und der außerirdischen E.T.-Figur. Was übrigens Goethe angeht und dessen Homunkulus, der erst 13 Jahre später in eher beiläufiger Faust II-Rolle das Licht der literarischen Welt erblickte: Man wusste wohl voneinander.

Dominik Günther und sein Dramaturg Tom Gipfel haben nun eher weniger den (an der Illuminaten-Universität Ingolstadt forschenden) Menschenschöpfer Viktor Frankenstein mit seinem Allmachts-Wahn, seiner Angst und seiner Schuld ins Auge gefasst als vielmehr dessen Geschöpf, die namenlose „Kreatur“, die nicht einfach nur Horror und mit Donnerstimme gedoppelte Gefahr verkörpert, sondern endlich kein einsames Monster mehr sein und ein wirklicher Mensch werden will. Franziska Beyer stellt diese synthetische Gestalt trotz kraftraubender Vollvermummung in vielerlei Ausdrucksformen mit der Kontur einer empfindsamen Figur dar, fast eines komplexen Charakters in seinem Konflikt zwischen gewalttätiger Natur und menschlichem Nähebedürfnis. Große Klasse.

Ausstatterin Sandra Fox hat die Story und ihre Rollen nun in ein fürs LTT ganz ungewöhnliches Ambiente gepackt. Statt in hellen und weiten, durch edle Geometrie und kühne Perspektiven gefassten Räumen, lässt sie das Geschehen nur in einem beengten, meist düsteren Kammer-Kabuff des faustischen Forschers spielen, das sich allenfalls mal zum Flur der Familie Frankenstein öffnet, in dem dann Verlobungen gefeiert oder Morde begangen werden können.

Der Vorhang zum Rückraum öffnet sich eigentlich nur für zwei schöne Szenen: für das Lied des blinden, menschen-, aber eben auch monsterfreundlichen Sängers (Gilbert Mieroph) und für das finale Duett zwischen der Kreatur und ihrem Schöpfer Viktor Frankenstein (Dennis Junge) am Klavier. Von den vielen, auch mal ironisch anspielungsreichen Requisiten und Gesten, Zitaten und Verweisen, Michelangelos Adamsfinger zum Beispiel oder dem faustischen Totenschädel, ließen sich gewiss nicht alle von allen dechiffrieren.

Die Live-Musik zwischen Musical, Brecht-Weill-Song, Pop und Ballade hat Leo Schmidthals geschaffen, sehr passend, sehr ausdrucksstark. Selbst Rosa Salomon als elegante Frankenstein-Braut Elisabeth holt alles aus ihren stimmlichen Möglichkeiten heraus. Nicht für jeden leicht verdaulich wird es allerdings immer dann, wenn völlig ungebundene Prosa-Sprache mit einer Melodik unterlegt wird, die geradezu nach Rhythmisierung der Worte, wenn nicht sogar nach Reimen schreit. Da soll wohl provokant gegen den poppig-gefälligen Strich gebürstet werden. Was manchmal die Ohren mehr schmerzt als alle Blitze und Donner bei den reichlich, aber stimmig eingesetzten Effekten von Licht und Sound.

Rosalba Salomon und Jonas Hellenkämper (als jüngerer Frankenstein-Bruder) dürfen ihre Rollen über weite Passagen relativ naturalistisch geben. Auch Gilbert Mieroph schlüpft geschmeidig in seine vielen verschiedenen Nebenrollen und Kostüme dieser fantastischen Maskerade. Dennis Junge ist manchmal die Mühe anzumerken, seinen Viktor Frankenstein in fein austarierter Balance zwischen tragischer Figur, Stilisierung zum Typus oder einer Karikatur nah an der Comedy zu halten. Stellenweise gibt es Lacher im Publikum, wo sie eher unbeabsichtigt wirken.

Aber auch er schafft es, die scheinbaren Unvereinbarkeiten zu verbinden, die ganz verschiedenen Darstellungs- und Deutungsebenen der Inszenierung zu einer runden Sache zu drechseln, die fantastisch unterhaltsam und bildstark ist, aber auch zu vielerlei Gedanken und Assoziationen anregt über diesen ikonischen Schauerstoff, den Mary Shelley dem kulturellen und mythologischen Grundinventar der Menschheit beigefügt hat.

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