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Sagenhafte Heldengeschichte von Karin Eppler
Uraufführung
7+
Die deutsche Bühne (online), 23. Januar 2017
Auch ein Held braucht eine Ruhepause
(von Manfred Jahnke)
Karin Eppler: Herakles hat frei
Am Jungen LTT gibt es eine lange Tradition des Erzähtheaters. Stoffe der Weltliteratur wie Stücke, die sich mit den Erfahrungen und Leiden heutiger junger Menschen auseinander setzen, werden geschickt in eine Form gebracht, die epische Grundsituation und die dialogischen Strukturen des Dramatischen auszubalancieren versucht. Karin Eppler ist Teil dieser Tübinger Tradition, die immer virtuoser ihr Handwerk beherrscht. (...)
Nun also die Sagen um Herakles, der, wie der Beginn deutlich zeigt, von seinem Heldendasein angewidert ist und sich deshalb „frei“ nimmt. Er fläzt sich auf einem Jute-Sitzsack, der wiederum auf einem Säulenfuß liegt. Im Hintergrund ist auf drei Wänden, die drehbar sind, eine griechische Tempelruine zu sehen (Bühnenbild: ebenfalls Karin Eppler), dazu erklingen Sirtakiklänge. Diese Andeutungen genügen, um Ort und Atmosphäre zu begründen. Andreas Laufer als Herakles trägt ein Lederwams (Kostüm: Conni Lelic) und hat lange Haare, ganz heldisch. (...)
Erstaunlich, wie es Karin Eppler gelingt, den Spieler Andreas Laufer und Helden-Imago humorvoll konfligieren zu lassen und dabei Pathos und Persiflage in Schwebe zu halten. Mit wenigen Gesten macht Laufer die einzelnen Figuren seiner Erzählung plastisch, für Zeus reicht eine tiefere Stimmlage, für Hera eine typische Handgeste, die Hand an der Wange, für Alkmene eine andere Geste eine etwas höhere Stimme, usw. Es bringt einfach Spaß zuzuschauen, dem „Wie“ der Umsetzung zu verfolgen. Und zuzuschauen, wie diese Heldengeschichte mit Erfahrungen der jungen Menschen von heute mit Eltern und Schule zusammengebracht werden, wie hier die hohe Kunst beherrscht wird, zwischen Komik und Mitleid mit diesem Helden, der sich so nach Ruhe sehnt, changiert wird. Bitte um Fortsetzung der Tübinger Tradition.
Reutlinger General-Anzeiger, 23. Januar 2017
(von Nadine Nowara)
»Herakles hat frei« feiert am LTT Premiere
Wie witzig und spannend die griechische Mythologie sein kann, zeigte am Samstagnachmittag das Junge LTT mit der Uraufführung von Karin Epplers »Herakles hat frei«. Eppler (Regie und Ausstattung) hat um die zwölf Proben des griechischen Halbgottes ein originelles Theaterstück für junge Zuschauer verfasst. [...]
Schwäbisches Tagblatt, 23. Januar 2017
(von Dorothee Hermann)
Heldentheater. Das Stück "Herakles hat frei" am Jungen LTT ist auch eine Komödie über Leistungsdruck und übermächtige Eltern.
Herakles ist ein Held, der mehr als 2000 Jahre weit weg ist. So weit weg, dass der Säulenpalast vor ihm schon ziemlich zerfallen ist (Bühne und Regie: Karin Eppler). Wie er sich da mitten auf der Bühne auf seinem gepolsterten Säulenstumpf fläzt, sieht er aus wie ein merkwürdiger Rocker von heute, mit goldenem Leder-Bolero, Muscle-Shirt und Bermudas, die mal eine schwarze Jogginghose gewesen sein könnten (Kostüm: Conni Lelic).
Und Held sein wie in der griechischen Sage will dieser Herakles (Andreas Laufer) auch nicht. Er hat den Drill der Helden-Ausbildung - Reiten, Bogenschießen, Wagenlenken, Schwertkampf, Steinwurf, Faustkampf und Hausaufgaben - gründlich satt und will endlich einmal faul sein (dürfen).
Mit dieser überraschenden Lesart gibt Autorin Eppler dem antiken Kämpfernachwuchs auch etwas von einem terminkalendergeplagten Jugendlichen von heute. Zur Premiere am Samstagnachmittag am Jungen LTT im Landestheater Tübingen kamen etwa 70 Zuschauer.
Herakles soll nicht nur dem genügen, was sein göttlicher Vater Zeus von ihm erwartet. Auf der Bühne ist er auch mit den Bildern und Statuen konfrontiert, die in der griechischen Antike von ihm überliefert werden, gewissermaßen den medialen Bildern von damals: Da erledigt er schon als Heldenbaby eine von der griechischen Göttin Hera gesandte Giftschlange oder er wird als makelloser Muskelmann verewigt.
Manchmal ist es, als würde die alte Sage als Comic auf der Bühne lebendig. Dabei bleibt Herakles meist ambivalent: Ist er nun Heldennachwuchs oder bloß ein Halbstarker, der die eigene Kraft gar nicht einschätzen kann, und sogar einen anderen tötet?
Die Bearbeitung von Karin Eppler überlässt vieles der Phantasie der Zuschauer. Wie Herakles - nach einem von ihm sichtlich genossenen Karriereknick als Viehhirte - doch noch die scheinbar unlösbaren Aufgaben bewältigt, für die er berühmt wurde, erfährt man nur durch die flapsig gehaltenen Erzählungen des Darstellers: wie er den Stall des Augias ausmistet oder die vielköpfige Hydra erschlägt, ein schlangenähnliches Ungeheuer der griechischen Mythologie aus den Sümpfen von Lerna. Dabei bleibt Herakles stets etwas überdimensioniert, und ist doch ein Einsamer: weder Mensch noch Gott.
Unterm Strich
Zeigt den antiken Helden als Halbstarken mit Leder-Bolero, Muscle-Shirt und Schnürsandalen. Zunächst fällt es ein bisschen schwer zu glauben, dass ausgerechnet diese Rockertype sich am meisten danach sehnt, das ganze Heldengehabe gründlich hinter sich zu lassen und einfach nichts zu tun. Präsentiert Herakles als schillerndes Zwischenwesen von modernem Rabauken und Halbgott.
Schwäbisches Tagblatt, 21. Januar 2017
(von Susanne Schmitt (LTT-Vorbericht))
Premiere am Jungen LTT " Herakles hat frei" heißt eine sagenhafte Heldengeschichte für junge Menschen ab sieben Jahren.
Am heutigen Samstag kommt um 16 Uhr im LTT-Oben Karin Epplers Kinderstück " Herakles hat frei" heraus. Dramaturgin Susanne Schmitt sprach mit der Autorin und Regisseurin Karin Eppler über ihre Sicht auf einen sehr heutigen Helden wider Willen.
Susanne Schmitt: Sie haben am Jungen LTT bereits einige große Stoffe im kleinen Format auf die Bühne gebracht. Aus welchem Grund ist die Wahl dieses Mal auf die Sagenfigur Herakles gefallen?
Karin Eppler: Für mich gehören die Sagen des klassischen Altertums zum Bildungskanon. Gerade die Geschichte um Herakles hat alles, was eine moderne Geschichte braucht: einen jungen Helden, eine "dumme jugendliche Straftat", die gesühnt werden will, und tolle Monster. Dabei verkörpert Herakles einen Helden, der gut sein will. Er hatte sich einmal geschworen, dass er sich nützlich machen will in der Gesellschaft, dass er seine Kraft als Halbgott stets zum Guten einsetzen will.
Auf der anderen Seite wurde Herakles auch immer schon etwas ironisiert dargestellt als eine Art "Depp vom Dienst", der Typ, der verlässlich aufräumt. In manchen antiken Parodien kämpft er auch mit seinem Übergewicht. Diese Spannung zwischen klassischem Heldentum und Humor hat mich immer schon fasziniert.
Ihr Herakles ist nicht der bekannte klassische Held, sondern er wird zum Helden wider Willen. Was reizt Sie an dieser Perspektiv-Verschiebung?
Ich würde nicht direkt sagen, dass dieser Herakles ein Faulpelz ist. Obwohl ich das bei seinem Arbeitspensum gut verstehen könnte. Nein, Herakles ist bei uns einer, der mit seinem Gefühl und Denken unserer jetzigen Zeit recht nahe ist. Er sucht nach der richtigen Balance zwischen Held und Faulenzer, also irgendetwas zwischen Looser und Nerd. Vielleicht auch ein Schrei nach Orientierung - es muss doch für Jungs auch noch etwas zwischen "halbem Hemd und Six-Pack" geben. Und Herakles' Jugend ist für mich ein richtig heutiges "Schul-Drama", denn der kleine Herakles hatte einen reichlich vollgestopften Stundenplan, der aus ihm einen strahlenden Helden machen sollte. Nur mal einen Tag frei haben oder zumindest den Nachmittag, das hätte sich unser Held gewünscht.
Ich denke, das kommt vielen Kindern und auch Erwachsenen bekannt vor. Durch diese Augen betrachtet, bekommt die Sage für mich einen neuen Reiz: Held sein, was heißt das schon?
Herakles erlebt zahlreiche Prüfungen und Abenteuer und erlegt gewaltige Löwen, mehrköpfige Riesenschlangen und diverse andere Monster. Wie bringt man das alles auf die Bühne - noch dazu mit nur einem einzigen Darsteller?
Der Schauspieler Andreas Laufer und ich sind alte Kinohasen, deshalb brauchen wir bei den Proben auch nur Andeutungen, um uns gegenseitig an große Kinohelden und ihre Kinofeinde zu erinnern. Aber wir meinen, unsere Waffe auf dem Theater ist die Phantasie! Und die versuchen wir in den Zuschauern zu kitzeln.