Foto: Martin Sigmund
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Jeder hat eine Schanze verdient!

Ein Open-Air-Dorfkrimi zum Mitwandern von Arnd Heuwinkel


Reutlinger General-Anzeiger, 30. September 2024

Investorenwahn auf der Alb

(von Maria Bloching)

Gelungene Premiere des kapitalismuskritischen LTT-Dorfkrimis »Jeder hat eine Schanze verdient!« in Upflamör

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Cul-Tu-Re.de, 29. September 2024

Dorftheater – Upflamör bleibt

(von Martin Bernklau)

„Jeder hat eine Schanze verdient!“: Die Menschen von Upflamör machen mit dem LTT ihr Dorf zur Bühne

Schon dieser Name sollte als Welterbe gesichert werden: Upflamör ist ein abgelegener kleiner Teilort auf den rauhen schwäbischen Albhöhen über Zwiefalten. Mit Hilfe von ein paar Profis des Tübinger LTT lud das dortige „Theater in den Bergen“ am Samstag zur Premiere seines zweiten Stücks „Jeder hat eine Schanze verdient!“ und nahm dafür das ganze Dorf in Beschlag.

Es gibt in Upflamör noch die mittlerweile – weil seit Jahr und Tag sport-tauglicher Schnee ausblieb – völlig verrottete Bergstation eines Skilifts. Die gab vielleicht die Idee ab. Vor sechs Jahren hatte die Dorfgemeinschaft schon einmal eine theatralische Ortsbegehung veranstaltet, bei der es um eine Schatzsuche nach Öl ging. Jetzt stand in Arnd Heuwinkels krass zugespitztem Stück ein schmieriger Investor namens Maxi Untersteller (Jonas Hellenkämper) im Mittelpunkt, der dem Bürgermeister Bächler (Florian Brandhorst) das Projekt aufschwatzt, Upflamör zu einem XXL-Wintersportort mit Wellnesshotels, Schanze, Bobbahn und kilometerlangen Skipisten aufzumotzen.

Einer solchen theatralischen Satire ist fast alles erlaubt. Und sie kann mit eigenen Ideen und einer pointenreichen Sprache überzeugen. Da gibt es Gruppen wie die Bau-Brigade mit Helmen und „Lugner“-Label, als deren jüngstes Mitglied die dreijährige Ida Schwendele mitmachen darf. Schwäbische Schaffer, zum Nichtstun verdammt. Ganz toll ist die Yeti-Gruppe, in wunderbar reinweißen Eisbären-Kostümen, die am Ende als Klimaflüchtlinge aus dem Himalaya in Upflamörs Tiefkühltruhen Asyl findet.

Es gibt da aber auch die geldgeilen Upflamörer Honoratioren, die sich völlig hin und weg vom Bürgermeister und dem Schneeball-System des blau beanzugten Maxi einwickeln lassen. Von der ersten Szene an wird die Bürgermeister-Tochter Franzi (Rosalba Salomon), heimgekehrt in den langweiligsten und schönsten Ort der Welt, behutsam zur Gegenfigur für die grotesken und größenwahnsinnigen Pläne ihres Vaters für ein St. Moritz auf der Schwäbischen Alb aufgebaut – bis zum handfesten Showdown.

Wirklich wunderbar werden all die Orte des Dorfs der Reihe nach­ abgegangen und mit szenischen Ideen gefüllt, die eigenes Charisma haben: der außerhalb gelegene Friedhof mit seiner Kapelle, das Rathaus mit der verfallenden alten Schule gegenüber, der verlassene Hof in der Ortsmitte mitsamt seiner (vielleicht eigens rekonstruierten Miste), der Skilift, der zum Funkmast gewordene Wasserturm.

Ganz toll und erstaunlich war, dass all die vielen Laienmimen bei diesem Open-Air so laut und vernehmlich sprachen. Großartig die unglaublich variantenreiche Musikbegleitung des Duos aus Beni Reimann und Burkhard Finckh – vom Chanson bis zu Rap. Die Choreo der „Rich Kids Ski-Hasen“ war so klasse wie all die Kostüme überhaupt.

Es regnete nicht, trotz dem weiten und doch oft grau drohenden Himmel über der Alb. Aber es mag zur Premiere einen Kittel zu kalt und deutlich zu windig gewesen sein – und vielleicht doch auch etwas lang. Aber man hat in diesen knapp vier Stunden dieses Dorf und seine Bewohner nicht nur bewundern, sondern vielleicht sogar ein bisschen lieben gelernt. Unvergesslich war das jedenfalls.


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