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Furchtbar vergnügliches Musik-Theaterstück nach dem Buch von Wilfried von Bredow & Anke Kuhl · Bühnenfassung von Michael Miensopust
Uraufführung
6+
Reutlinger General-Anzeiger, 6. März 2018
(von Thomas Morawitzky)
"Lola rast" feiert Premiere am LTT
"Nichts für schwache Nerven!" - das Landestheater Tübingen warnt vor seinem neuen Kinderstück. Vielleicht zu Recht: [...] eine wilde und ausgelassene Farce für Kinder, die schon einiges gewöhnt sind, unter der Regie von Michael Miensopust: punkig, böse, atemlos.
Schwäbisches Tagblatt, 5. März 2018
Warum ein richtig böses Erwachen so viele komische Seiten hat
(von Dorothee Hermann)
Das Musik-Theaterstück "Lola rast" wirbelt mit anarchischem Schwung über die Werkstatt-Bühne des Landestheaters Tübingen.
Im ersten Moment weiß man kaum, wohin man zuerst schauen soll: Schon das Bühnenbild für das Kinderstück "Lola rast - und andere schreckliche Geschichten" prangt mit kuriosen Farben und Formen, Sternchen, Zahlen, geometrischen Mustern und Fantasie-Gestirnen. Unversehens befindet man sich in einer merkwürdigen Spielzeugwelt, in der auch noch altmodische Traktoren und Lokomotiven unterwegs sind (Bühne und Kostüme: Cornelia Brey). Oder sollen das alles etwa bloß Kinderzimmertapeten sein?
Zur Bühnenrückwand hin verlieren sich wolkige Schlieren in psychedelisch anmutendem Blau und Grün in höhlenähnlicher Tiefe. Surreal wirkt der Hintergrund für die bösen Geschichten von Wilfried von Bredow - oder eben so knallbunt und intensiv wie die Wahrnehmung von Sechsjährigen.
Michael Miensopust, Leiter des Jungen LTT, hat von Bredows 2009 erschienenes Kinderbuch in eine hinreißend turbulente Bühnenfassung gebracht. Die Premiere am Samstagnachmittag auf der Werkstattbühne des Landestheaters Tübingen (LTT) begeisterte kleine und große Zuschauer, mittendrin der sichtlich angetane Autor von Bredow, eigentlich Politikwissenschaftler im Ruhestand.
Als sich die Figuren in ulkig knallbunten Kleidern wie überdimensionierte Kinder, aber mit der abgehackten, mechanischen Gestik von Clowns, zum ersten Mal auf der Bühne zeigen, ist der Wiedererkennungseffekt überwältigend: Die bewährten Jugendtheaterschauspieler Magdalena Flade und Rupert Hausner einmal in superblonden Perücken zu erleben und mit den glatten Kindergesichtern, die ihnen die Maske verpasst hat. Mit rot-weißer Kappe und grünem Punkt auf der Nasenspitze reiht sich der Musiker Christian Dähn (Percussion, Violine, Singende Säge, iPad) ebenfalls in die Clownstruppe ein und setzt sich gleich an eine waagrecht daliegende Blechtonne, der er skurrile Töne entlockt.
Manchmal mutieren die Darsteller auch zu Eltern (die ihrerseits gleichzeitig Witzfiguren sind), einfach durch eine wie ein Boxhandschuh aufgesteckte riesige Hand mit mahnend vorgerecktem Zeigefinger. Das Zuschauen ist wie ein kontinuierlicher Taumel, wen man eigentlich vor sich hat: Kind, Clown oder Erwachsener? Mit von der Partie ist auch ein riesiges Plüschtier, nicht ganz Bär, aber doch recht groß für einen Hund.
Der erste Auftritt gehört Stefanie Klimkait als Lola, die mit Pippi-Langstrumpf-Ungestüm über die Bühne fegt. Weil sie auf einem überdimensionierten Laufrad unterwegs ist, wirkt das draufgängerische Mädchen noch durchschlagender, als wenn sie sich ohne weitere Hilfsmittel bewegen würde. Es ist, als wäre sie irgendwie vergrößert zugange, wie eine Stelzengängerin, aber beschleunigt und, wegen des Tempos, mit noch weniger Möglichkeiten, den Lauf der Dinge aufzuhalten, sollte es nötig werden.
Diese Lust am Chaotisch-Zerstörerischen teilt sich den Zuschauern unmittelbar mit. Und mit wachsender Spannung, vielleicht gepaart mit einem "das kann doch nicht wahr sein", beobachten sie, wie Lola immer weiter aufdreht und unweigerlich auf ein abruptes, böses Ende zusteuert.
Doch kaum ist das schreckliche Mädchen plattgemacht (Wilhelm Busch oder "Struwwelpeter" lassen grüßen), wirbeln schon die nächsten Katastrophenkinder auf die Bühne: Das ist am schönsten, wenn sie gar nicht merken, wie schlimm es um sie steht: So wie die schöne Anna-Lena (Magdalena Flade) in ihrem knallpinken Tüllröckchen und den geblümten Gummistiefeln, die unbedingt eine Fee sein möchte - oder, noch besser: ein Fernsehstar. Den emotionalen Hitzegrad misst für alle eine voluminöse Schäfchenwolke, die lavarot, gelbgrün, lila und in noch viel mehr verblüffenden Farben glühen kann.
Unterm Strich
Aberwitzige Horrorshow aus dem Alltag von Kindern, die in allen Richtungen über die Stränge schlagen: beim Schönsein, Fernsehgucken, Gemeinsein. Zeigt die Welt aus der Sicht von Struwwelpeter-ähnlichen Kreaturen, die beim Sich-Ausprobieren mehr als einen Tick zu weit gehen.
Schwäbisches Tagblatt, 2. März 2018
(von Susanne Schmitt (LTT-Vorbericht))
Morgen kommt am Jungen LTT das struwwelige "Lola rast" heraus.
"Lola rast - und andere schreckliche Geschichten" ist ein furchtbar vergnügliches Musik-Theaterstück für Kinder ab sechs Jahren nach dem Buch von Wilfried von Bredow und Anke Kuhl. Morgen um 16 Uhr ist Premiere. Dramaturgin Susanne Schmitt sprach mit dem Autor - dem renommierten Politikwissenschaftler Wilfried von Bredow - und dem Jungen-LTT-Chef Michael Miensopust, der das Stück inszeniert.
Herr von Bredow, Sie waren bis 2009 Professor an der Universität Marburg und haben eine beeindruckende Anzahl von Büchern und Schriften veröffentlicht. Darunter ist eineeinzige nicht-fachliche Publikation: das Kinderbuch "Lola rast".Wie kam es dazu?
Wilfried von Bredow: Mit Kinder- und Jugendbüchern habe ich mich seit der frühen Lektüre von "Pippi Langstrumpf" und "Max und Moritz" immer wieder beschäftigt, später auch meinem Sohn viel vorgelesen und außerdem über ein knappes Jahrzehnt hinweg füreine große Tageszeitung Kinder- und Jugendbuch-Rezensionen geschrieben. Das war eine erholsame Abwechslung.
In den sieben Geschichten werden Kinder umgefahren, vom Fernseher eingesogen, verlieren entweder alle Zähne oder sämtliche Spielsachen.
von Bredow: Ich habe früher immer Bücher gemocht, in denen es chaotisch zugeht. Kinder freuen sich über Übertreibungen, sie wissen ja, dass der Schrecken nicht "echt" ist, sondern, wie mir mal ein kleines Mädchen nach einer Lesung" gesagt hat, "nur spiel-echt".
Herr Miensopust, "Lola rast" kommt als "furchtbar vergnügliches Musik-Theaterstück" auf die Bühne. Wie können wir uns das vorstellen?
Michael Miensopust: Die Schauspieler und der Multimusiker Christian Dähn werden von einer Geschichte zur nächsten getrieben. Und dabei experimentieren sie herrlich in den vielseitigsten Musikgenres herum - von Oper bis Rap ist alles dabei. Und die Reime haben wir beibehalten.
"Lola rast" wird häufig als "der neue Struwwelpeter" bezeichnet.
von Bredow: Das war das Vorbild. Wobei ich allerdings in diesen Geschichten kein Beispiel für "schwarze Pädagogik" sehe. Mir schwebte eine mit herrlich-garstigen Zeichnungen von Anke Kuhl illustrierte Sammlung von lustigen, manchmal aberwitzigen, "spiel-echt" schrecklichen Geschichten vor. Zum Gruseln und zum Lachen. Nicht die schlechteste Mischung für Kinder - und Erwachsene.