Die Gänse Lissy, Bobby und Lucky leben auf einer gemütlichen Farm im Wilden Westen, wo man die Rosen von der Tapete pflücken kann. „Lucky Gans“, der „tierisch musikalische Western“ von Anne-Kathrin Klatt, ist gespickt mit solchen lustigen Tricks. Sie heben einen uralten Märchenkonflikt ins Magisch-Vergnügliche: Das Gänsekind Lucky muss sich unvermittelt mit einem übermächtigen Gegner (der Schurke, das Böse, der Tod) messen. Wie die kleine Gans dabei mit clownesker Chuzpe vorgeht und sich durch ihren Mut selbst überrascht, begeisterte bei der Uraufführung am Kinder- und Jugendtheater des LTT am Samstagnachmittag große wie kleine Zuschauer.
Pepe mit dem dünnen mexikanischen Schnurrbart (Rupert Hausner) und Rosanna (Stefanie Klimkait) sind die Farmer, die sich um die Gänse kümmern – und gleichzeitig als Figurenspieler den Tieren Leben einhauchen: Dass das Federvieh nicht besonders naturalistisch ist, sondern offensichtlich aus Kissen gefertigt wurde, die in langen Gänsehälsen samt rotschnäbeligen Köpfen münden, erhöht nur den Reiz: wenn diese Bühnenvögel mit absonderlichen Geräuschen durch die gemütliche Farmküche schwirren oder sogar singen (Musik: Christian Dähn). Jede Gans ist individuell und sehr liebevoll designt: Bobby ist der große Dicke mit der tiefen Stimme. Lissy kann sich mit einem Spitzenrändchen schmücken (Ausstattung und Figurenbau: Claudia Sill).
Weil es wie im Saloon nur eine Schwingtür gibt, steht der räuberische Fuchs (Rupert Hausner als Django im brandroten Cord-Anzug) ratzfatz mitten in der Küche. Dass er die übelsten Absichten hat, hört man schon an den gefährlich dräuenden Gitarrenriffs. Der Größenunterschied zwischen dem Fuchs mit Erwachsenenmaß und den Gänse-Puppen in Babygröße steigert das Ungleichgewicht der Kräfte – bis sich der dicke Bobby mit der Bemerkung wegdrückt, „Ich tu’ einfach, als wär’ ich ein Kissen“ – und das Spiel von Sein und Schein wieder in Kraft setzt.
Für kleinere Zuschauer zuträglich könnte sein, dass anders als in Grimmschen Märchen oder im Western für Erwachsene niemand ernsthaft Schaden nimmt – nicht einmal Djangos Stinktierkomplize. Am liebsten hätte man das Gänsekind mit dem sprechenden Namen noch durch jede Menge weiterer Abenteuer begleitet – vielleicht gegen Kojote, Klapperschlange und Adler? „Zu kurz“, bedauerte ein Junge nach der Premiere.dhe
Info: Die nächsten Vorführungen sind von heute, Mo, bis einschließlich Mi, 26. Februar, jeweils 11Uhr, sowie am Sonntag, 9. März, 16Uhr, jeweils im LTT oben (ab 4 Jahre).
Unterm Strich
Setzt das unbarmherzige Diktum vom Fressen oder Gefressenwerden ausgerechnet in Wildwest außer Kraft. Wenn das gute Tier (die Gans als Puppe) dem bösen Menschen (Fuchs) überlegen sein kann, obwohl das Gänsekind sich das erst gar nicht zutraut. Mit lustigen Western-Anspielungen für kleine wie große Zuschauer.