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Improvisationstheater von Michael Miensopust
Uraufführung
6+
Reutlinger Nachrichten, 26. Februar 2013
(von Kathrin Kipp)
"Märchenkrimi" am LTT-Kinder- und Jugendtheater
Wenn fiese Schwiegerstiefmütter mit Gift hantieren, dann muss der Märchenwald-Chefermittler ran: Michael Miensopust spielt in seiner lustigen Märchenkrimi-Impro-Show den Detektiv Rumpel-Heinz.
"Copy and paste" (kopieren und einsetzen) hat ja zur Zeit Hochkonjunktur. Und Michael Miensopust, Chef des LTT-Kinder- und Jugendtheaters, erhebt das Prinzip zur Kunst: Eklektizismus im Märchenwald. Dafür verwurschtelt er viele Märchen- und Detektiv-Motive zu einer fast schon postmodernen, intertextuellen Geschichte, lässt sich von seinen kleinen Zuschauern theatersportmäßig noch ein paar exklusive Parameter reinrufen - und schon ist er fertig, der Märchenkrimi.
Miensopust spielt sämtliche Rollen selbst, und weil auch die Kinder schon alle Märchenklischees kennen, ist der Parodieeffekt riesig. Bei der Premiere dürfen die Kids bestimmen, was der Detektiv alles für Ängste ("vor seiner Oma") und Träume ("Luxuskarre") hat, wo der Krimi überall spielen soll ("Dinosaurier-Insel"), und was für Gegenstände ("Lockenwickler") Rumpel-Heinz alles dabei hat, um die absurdesten Schwierigkeiten überwinden zu können.
Seine Assistentin Stefanie Klimkait notiert alles auf großen Tafeln und gibt damit die roten Fäden und die rennenden Witze der Story vor. Und so erzählt sich Michael Miensopust durch seine spannende Geschichte und spielt einen coolen, drolligen, "gutaussehenden", goldigen und natürlich fabelhaften Ermittler. In seinem modisch recht ausgefallenen Karo-Anzug geht Rumpel-Heinz im Märchenwald auf Verbrecherjagd.
Er ist ein kleiner Angeber: Er war derjenige, der die Vögel verhaftet hat, die Hänsel und Gretl die Brotkrumen weg gepickt haben, prahlt er. Und er hat auch als erstes "des Kaisers neue Kleider" anprobiert: "Ich hab gleich gemerkt, dass da was nicht stimmt." Rapunzel wollte er auch schon befreien, aber sie hatte zu kurze Haare.
Assistiert wird Rumpel-Heinzchen von seiner untalentierten "Jahrespraktikantin" Mariechen Blumenfee, die schon bei der Feenprüfung durchgefallen ist und nicht mal einen Besen zum Fliegen bringen kann. Und schon klopft der nächste Fall an: Der siebte Zwerg. Er ist völlig verzweifelt, denn seine Brüder wurden alle vergiftet, Topmodel Schneewittchen ist spurlos verschwunden.
Und so fliegt das kauzige Trio auf dem Lockenwickler über die sieben Berge und ermittelt: Rumpel-Heinz macht eine DNA-Analyse vom Apfel. Ganz klar: "Gift".
Die böse Schwiegerstiefmutter kreuzt auf. Michael Miensopust spielt sie mit lässig übergestülpter roter Perücke: Furchteinflößend. Überhaupt kann Michael Miensopust mit seiner verstellten Stimme und wandelbaren Mimik wahre Wunder bewirken. Große Augen, böse Blicke, schrullige Gesten - und schon hat er sein Märchenkabinett beisammen. So kämpfen sie gegen Omas, Dinos, Wüstlinge, Frösche, Zauberer, sprechende Bäume - "kannst mich deutsche Eiche nennen" - und mit einer echten Spinne, die sich von der Decke abseilt.
Jetzt heißt es aber wirklich improvisieren, aber Michael Miensopusts Meisterdetektiv schaukelt natürlich auch diese Herausforderung mit seinen kreativen Methoden und Hilfsmitteln. Und küsst am Ende - etwas unwillig - sogar noch Schneewittchen wach. Für die vergifteten Zwerge soll das "Hans Ullrich Prinz Küssmund von der Lippe" erledigen, Rumpel-Heinz ist nämlich als Lonely Cowboy etwas verklemmt. Und so erwartet man eigentlich nach weiteren "bescheuerten Dialogen" ein Happy End. Aber Pustekuchen. Denn es müssen noch viele offene Fragen geklärt werden, zum Beispiel: "Warum verliert Deutschland immer gegen Italien?"
Schwäbisches Tagblatt, 25. Februar 2013
Rumpelheinz fahndet nach Schneewittchen
(von Dorothee Hermann)
Der „Märchenkrimi“ von und mit Michael Miensopust baut geschickt auf die Spannungselemente beider Genres. Am Samstagabend war Uraufführung im Landestheater Tübingen (LTT). Große wie kleine Premierenzuschauer waren hörbar amüsiert.
Der Anfang ist gleich sehr sympathisch. Ein ziemlicher Brocken in lauter karierten Kleidungsstücken überm grauen Unterhemd fragt erst einmal die Kinder unter den Zuschauern, welche Monster und welche Schauplätze zu seinem Märchenkrimi gehören sollen. Michael Miensopust, der Leiter des Kinder- und Jugendtheaters am LTT, hat sich die märchenhafte Krimishow um den Detektiv Rumpelheinz (frei nach Rumpelstilzchen, aber deutlich größer und breiter) auf den Leib geschrieben.
Es ist ein Vergnügen, wie sich dieser Schrank holterdipolter in die unglaublichsten Figuren (oder Gegenstände) verwandelt. Mann, Frau, Ungeheuer, Zwerg oder Schneewittchens Spiegel: Meistens braucht Rumpelheinz dazu nicht einmal die flammend rote Perücke in seiner Tasche. Manchmal wechselt er sogar in einer Szene blitzschnell die Perspektiven, von zwergenklein zurück zur vollen Detektiv-Körpergröße. Schließlich ist sein Klient der siebte Zwerg, der jüngste der Schneewittchengnome hinter den sieben Bergen.
Wie Rumpelheinz samt Zwerg und Feengeleit dorthin fliegt, weil er zu Fuß zu spät dran wäre, um die Folgen des vergifteten Apfels zu untersuchen, ist ein Anblick für die Götter: Pobacke für Pobacke scheint sich der Detektiv nacheinander über die sieben Berge hinwegzuheben. Ob mit Pantomime, Fistelstimme oder als vermeintlicher Erzähler – Miensopust erweist sich als Tausendsassa der Illusion, obwohl er stets kariert und bärig sichtbar bleibt.
Der einzige Webfehler ist ein Hauch von Machismo, der sich durch das Stück zieht. So hat Rumpelheinz „eine hübsche Assistentin“ (Stefanie Klimkait), die für ihn die Anregungen der Zuschauer (Monster, Schauplätze) an die Tafel schreibt. Schneewittchen wird als Topmodel eingeführt, die böse Stiefmutter als zickenhaft übersteigert. Großartig bleibt, wie der denkbar handfeste Detektiv all diese unwahrscheinlichen Figuren aus sich selbst hervorbringt.
Vielleicht trägt Rumpelheinz einfach einige Anteile Räuber Hotzenplotz in sich. Immer wieder gibt sich das Stück als kleine Hommage an den vor kurzem verstorbenen Kinderbuchautor Otfried Preußler – was nicht bei allen Figuren ankommt: „Was für ein Aaaasch?“, versteht statt Hommage die kleine Fee in Ausbildung, die als Doktor Watson dient. Ihren Namen für den Abend bekommt sie in jeder Vorstellung von den Kindern im Publikum. Mirabella und Mariechen Blumenfee sind schon vergeben.