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Schauspiel von Karin Eppler nach Peter Härtling
Uraufführung
10+
Reutlinger Generalanzeiger, 26. November 2013
(von Veit Müller)
Theater - Leise, unterhaltsam, beeindruckend: Das LTT Kinder- und Jugendtheater zeigt eine Bühnenfassung von Peter Härtlings Kinderroman »Alter John«
Opa zieht ein. Die Familie steht Kopf und harrt der Dinge, die da kommen. Und mit dem Möbelwagen trifft ein schräger, liebenswerter, alter, fast zwei Meter großer Mann ein, der mit seinen Eigenheiten und Eigenwilligkeiten den Alltag von Jakob, Laura und deren Eltern ordentlich durcheinanderwirbelt. Der ihn aber auch unvergesslich prägt. »Alter John« ist eine sehr anrührende Geschichte von Peter Härtling, die Schauspieler Rupert Hausner in der Fassung und der Regie von Karin Eppler, die am Samstag im »LTT-oben« Premiere feierte, anrührend und authentisch erzählt.
Hausner ist Jakob Schirmer, der Enkelsohn von Alter John. Und Jakob wühlt sich in der Bühnengeschichte durch ein Zimmer voller Erinnerungen, die in alten Kartons stecken. Opa John ist schon lange tot und das Zimmer, in dem er einst lebte, diente zuletzt nur noch als Gerümpelkammer. Doch nun soll Jakobs Vater, inzwischen genauso alt geworden wie Opa John damals, in das Zimmer einziehen.
Und während Jakob versucht, etwas Ordnung in die Kammer voller »Gruscht und Geraffel« zu bringen, fallen ihm alte Erinnerungsstücke in die Hand. Die angegilbten Familienfotos, die im Gang hingen, ein Stück scheußliche Tapete, Opas Badehose, die für die Kinder so peinlich war, das Einstein-Bild mit herausgestreckter Zunge, der alte Dia-Projektor, der das schöne Weihnachten 1973 noch einmal heraufbeschwört.
Ohne Pathos erzählt
Hausner erzählt all die Geschichten so unaufgeregt, lässt alles Pathos und allen Kitsch weg und wirkt dabei so echt, dass man jede Minute mit ihm zusammen in den Erinnerungen an die schöne alte Zeit, in der sich drei Generationen eine Wohnung teilten, schwelgt. Er hebt mit seinen Zwischenbemerkungen gekonnt die Distanz zwischen Bühne und Publikum auf. Die Rolle passt ausgezeichnet zu dem häufig etwas melancholisch wirkenden LTT-Schauspieler. Ihm gelingt es auch, mit viel Fingerspitzengefühl die richtige Balance zwischen Komik und Tragik zu halten.
Dem LTT-Kinder- und Jugendtheater ist zu Peter Härtlings 80. Geburtstag eine unterhaltsame, leise und an vielen Stellen beeindruckende Erzählung seines Kinderromans »Alter John« gelungen. »Mein Opa: Alter John«, wie das Theaterstück heißt, ist keineswegs nur ein Stück für Kinder ab zehn Jahren. Auch Erwachsene können sich mit ein wenig Wehmut auf Jakobs Reise in die Vergangenheit einlassen, denn wer kennt diese alten Erzählungen vom eigenen Opa nicht auch, in denen so viele spaßige, schräge, ernste und aufregende Dinge passierten, die einem für immer in Erinnerung bleiben.
Diese 70 Minuten Theater gehen so schnell vorbei wie die Zeit, die man im Rückblick mit seinem eigenen Opa verbracht hat. So kommt es einem jedenfalls vor. Die Premiere erhielt am Samstag zu Recht viel Beifall.
Schwäbisches Tagblatt, 26. November 2013
(von Dorothee Hermann)
"Mein Opa: Alter John" am LTT-Kinder- und Jugendtheater
Ein Haufen Gerümpel kann vielversprechend aussehen oder zum Davonlaufen. Der Mann im blauen Pulli wirkt ein bisschen ratlos inmitten all der Kartons, die sich auf der Bühne türmen. Jakob Schirmer (Rupert Hausner), Anfang 50, weiß kaum, wo er anfangen soll mit dem Aufräumen – damit aus der Rumpelkammer wieder ein Zimmer wird, in das sein alter Vater einziehen kann. Die Uraufführung am LTT-Kinder- und Jugendtheater (KJT) präsentiert erstmals eine Bühnenfassung des Kinderromans „Alter John“ von Peter Härtling (Inszenierung und Bühnenbild: Karin Eppler) – zu Ehren des 80. Geburtstags des Autors. Die Premierenzuschauer am Samstagabend im ausverkauften LTT oben waren begeistert.
Die Stimmung ändert sich, als Jakob eine Kiste alter Briefe findet und mit ihnen die Erinnerungen. 40 Jahre zuvor bekam das Zimmer schon einmal einen neuen Bewohner: seinen Großvater Alter John, der nicht mehr alleine leben konnte. Der alte Mann sprach anders als alle Menschen, die Jakob, damals ein Kind, kannte. Er sagte „griebeln“ statt „grübeln“ und „scheißlich“ statt „scheußlich“, zeigte sich in einer peinlichen Badehose im Freibad und trainierte mit dem Enkel, die Zunge herauszustrecken wie Albert Einstein.
Wenn Rupert Hausner auch noch das Kind und den Opa verkörpert, ist es, als stünden beide mit auf der Bühne, obwohl der Alte bloß aus einer Fotografie winkt, in weißem Unterhemd und Hosenträgern. Dennoch kann mitunter der Eindruck entstehen, das Stück richte sich an 50-Jährige, die vor der Entscheidung stehen, von nun an wieder mit dem alten Vater oder der Mutter zusammenzuleben. Die kruschtelige Bühne wäre dann ein Bild dafür, das Leben neu sortieren zu müssen.
Die eher historischen Familienverhältnisse (Härtlings Buch ist vor gut 30 Jahren herausgekommen), auf gestellten Weihnachtsfest-Dias veranschaulicht (offensichtlich mit großem Vergnügen vom KJT-Ensemble gestellt), lassen Erwachsene vielleicht eher schmunzeln als Kinder. So ist die Inszenierung ein Kinderstück über das Alter(n) und das Abschiednehmen und darüber, wie ein alter Mann, der sich nichts vorschreiben lässt, genau die richtigen Entscheidungen trifft, die anderen weiterhelfen. Am Ende hat Jakob das Durcheinander in eine sichtlich liebevollere Ordnung gebracht und die einstigen Besitztümer des Großvaters noch einmal gerettet, samt Badehose und Spazierstock.
Unterm Strich
Beachtliche Solo-Show für Rupert Hausner, in der man den Unterschied zwischen gemütlich verkruschtelt oder ungemütlich verkruschtelt kennenlernt. Manchmal linst die Inszenierung vielleicht zu sehr auf Erwachsene, die vor der Entscheidung stehen, ob sie wieder mit dem alten Vater oder der Mutter zusammenleben sollen.