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Musikalisches Abenteuer von Michael Miensopust nach Rudyard Kipling
Uraufführung
8+
Südwestpresse, 15. Dezember 2014
(von garai)
"Moglis Dschungel" in ganz eigener Version
[...] "Das ist nicht Walt Disney!", heißt es gleich zu Beginn; das trifft - trotz einiger augenzwinkernder Anleihen - voll die so gänzlich abseits von Zeichentrick-Animation und "Bambi-Gehege" angesiedelte Aufführung.
Da gibt es keine putzigen Tierkostüme, der "Dschungel" besteht aus zwei Ebenen, unter denen man sich auch verstecken kann, [...]
Dazu kommen drei Metallgerüste, eines von ihnen wird von dem verunsichert nach der eignen Identität suchenden Mogli gefragt: "Weißt du, dass du ein Baum bist - oder denkst du, du seist ein Metallgestell?", wofür der "Baum" ihn mit einem Bananenregen bedenkt.
Solche Brüche und Hinterfragen prägen das Stück. Schon die Charaktierisierung der Tiere dieses ganz besonderen Dschungels regt zu Fragen und Assoziationen an, ihr Wesen wird angedeutet durch passende Attribute [...].
Wolfsrudel, Geier und die verrückte Affenbande lassen sich mühelos sowohl in die tierische als auch in die menschliche Gesellschaft einordnen [...].
Die Auseinandersetzung mit den mal freundlichen, mal bedrohlichen Tieren gelingt auf spannende Weise im Wechsel von durchaus actionreicher Komik und tiefschürfend philosophischen Gesprächen. Das Herz wird ebenso angesprochen wie der Verstand. Die Musik und die vielfältigen Geräusche der beiden auf der Bühne platzierten Musiker untermalen und verstärken die Wirkung, die eingeschobenen Songs bieten Abwechslung. Und wenn am Ende Mogli doch ganz seinem Instinkt und der Anziehungskraft eines Menschenmädchens folgt, fällt es fasst ein bisschen schwer, sich aus Moglis Dschungel zu verabschieden.
Stuttgarter Nachrichten, 30. September 2014
(von Jan-Philipp Schlecht)
Das Landestheater Tübingen verwandelt „Das Dschungelbuch“ in ein tierisches Spektakel der Körper. Regisseur Michael Miensopust hat Rudyard Kiplings Kinderbuch-Klassiker entstaubt und eine neue, freie Bühnenfassung daraus entwickelt. Mit dem Familienstück begann Thorsten Weckherlins Intendanz in Tübingen.
Die Entscheidung dürfte dem Regisseur nicht leichtgefallen sein. Trotzdem hat Michael Miensopust es gewagt und mit Rudyard Kiplings „Dschungelbuch“ einen Kinderbuch-Klassiker aus dem Schrank auf die Bühne geholt. Am Freitag feierte seine Neuinterpretation „Moglis Dschungel“ am Landestheater Tübingen (LTT) Premiere. Das Stück für Kinder ab acht Jahren bewegt sich erfrischend weit weg vom berühmten Disney-Trickfilm aus dem Jahr 1967. Miensopust ging zurück zu Kiplings 120 Jahre alter Buchvorlage, entstaubte sie und entwickelte eine neue, freie Bühnenfassung daraus.
Die Hauptfigur Mogli, gespielt von Magdalena Flade, meistert die Gefahren des Dschungels nur mit Hilfe ihrer Freunde Baghira und Balu. Und findet am Ende doch zurück zu den Menschen, womit sich Miensopust eine der wenigen Anleihen bei Disney erlaubt. Ansonsten gibt’s wenig Ähnlichkeiten zum Film; und das ist gut so.
Bär Balu schlappt in rot-braunem Camouflage-Overall und Daunenjacke durch den angedeuteten Dschungel aus Plastikplanen, einen übergroßen Kopfhörer schief auf dem zotteligen Kopf: „Probier’s mal mit?.?.?. hinlegen“, seufzt er und fläzt sich auf den Boden.
Panther Baghira stellt kostümmäßig das Gegenteil dar: Auf leisen Pfoten, im perfekt sitzenden Smoking und mit Lackschuhen erteilt er seinem Schützling Mogli Lektionen in Dschungelkunde. Die Menschwerdung der Tierfiguren gelingt dabei geradezu mustergültig. Auch und vor allem der Schakal Tabaki, der Tiger Shir Khan, die Schlange Kaa oder der Affenkönig tippeln, schleichen, tänzeln und hangeln sich tierisch gut durch die zwei Stunden. Dankenswerterweise verzichtet Bühnen- und Kostümbildnerin Cornelia Brey auf Tierkostüme. [...]
Schwäbisches Tagblatt, 29. September 2014
Mutig wie ein Wolf, stark wie ein Bär
(von Peter Ertle)
Und listig wie ein Panther: Am Jungen Theater hatte „Moglis Dschungel“ als frei Dschungelbuch-Adaption Premiere
Ja, es fliegen schon mal Bananen vom Schnürboden beziehungsweise einem Baum. Und man hört auch mal Urwaldgeräusche. Davon abgesehen: kein Dschungel. Und auch kein Tiernaturalismus. In „Moglis Dschungel“, Michael Miensopusts freier Bearbeitung des Dschungelbuchs nach Rudyard Kipling, sehen wir: Eine Welt, in der man sich durchschlagen muss, bevölkert von allerlei feindlichen und auch dem ein oder anderen freundlichen Wesen, dessen Gattung einigermaßen vage wäre.
Wenn, ja wenn nicht die meisten den Disney-Film oder irgendeine der Dschungelbuch-Vorlagen kennen würden. Außerdem ist auch hier von Wolf und Bär und Affe und Schlange die Rede, das heißt textlich wie in der kollektiven Erinnerung der meisten Zuschauer sind die Tiere, ist der echte Dschungel da, sieht man ganz schnell die bekannte Geschichte, nur etwas freier, abstrakter aufgezogen, zeitgenössischer, cooler. „Hältst du deinen pädagogischen Ansatz für wertvoll?“, fragt Baghira, ein feiner Herr im dunklen Zwirn mit Einstecktuch. Henry Braun, in jeder Rolle immer eine große Freude, erledigt das mit der nötigen Noblesse und Nonchalance. „Wir sind hier im Dschungel und nicht im Waldkindergarten!“, antwortet sein Kollege Balu. Balu könnte man sich gar nicht besser vorstellen als von Daniel Blum gespielt, als ziemlich friedliche Military-Waldschrat-Mixtur mit großen Kopfhörern anstelle der Bärenohren. Da hört und schaut man gerne zu.
Auch Schakal Tabaki, von Andreas Laufer, neu im Ensemble, mit unterwürfig tippelnder, nervöser ADHS-Bespaßung gegeben, ist eine Nummer. Ganz stark ebenfals das andere Neu-Ensemblemitglied Linda Lienhard als Schlange Kaa, ruhig und gewaltig präsent. Ihr Mogli-Raub, ihre Häutung, das sind dann auch mal Szenen, die vom Material der Figur her entwickelt, richtig gut gebaut sind, die Magie entwickeln. [...]
Wenn das Rudel Welpen herumtorkelt, balgt und spielt, dann gemeinsam trinkt und müde wird: ein Highlight, an Naturbeobachtung und theatralischer Übersetzung. Oder die Affenszene – die müssen nun wirklich Rabatz machen, die Affen. Und tun es auch.
Aber: Das ist nicht nur lustig, schon bei Kipling nicht. Das sind nicht nur Spaßvögel, das sind Hooligans. Potenzielle Vergewaltiger. Clockwork Orange-Assoziationen. Auch da wäre eine stärkere Interpretation möglich gewesen. Um nicht missverstanden zu werden: In alles dauernd aktuelle Bezüge hineinzuschustern ist eine der großen Unsitten des zeitgenössischen Theaters. Aber mit kleinen Details, winzigen Gesten Assoziationsblitzlichter zu setzen, die man gar nicht weiter ausführen muss, das wäre die Kunst.
Oder: Wäre es nicht interessant gewesen, einen Shir Khan zu zeigen, der nicht nur – aufgrund seiner schlechten Erfahrungen mit dem Menschen – der diabolische Superfeind ist, sondern auch noch eine andere Seite hat. [...]
Was Christian Ther und Christian Dähn als Geräuschkulisse unterlegen, dieses Gerassel, Gesäge, Gezirpe, diese vorüberhuschenden Klangkaskaden, es gibt dem Ganzen immer wieder eine zauberhafte, fremde, gespenstische Note. Die Kompositionen Andreas Murnaus, die sie beisteuern, Kunstlieder mit klassischem, jazzigem & Latino-Einschlag könnten auch für sich stehen und führen immer wieder aus der Unmittelbarkeit des Geschehens auf avantgardistische Musical-Inseln, die jedes Mal die Atmosphäre verdichten. Und auch die Bühnenlösung Cornelia Breys, mit transparenter Folie, hinter der ganz sicher der Urwald beginnt, mit Gitterrosten, wie sie über Kellerfensterschächten liegen, als Ausstiegsluken aus dem Wolfsbau, mit Bäumen aus Metall, die aussehen wie Masten von Oberleitungen oder Abstraktionen von Hochhäusern (also im Bühnenbild ist es da, das Urbane): Das ist gewitzt und gut bespielbar.
Unterm Strich: Kein Urwald, keine Tiermasken, keine bekannten Songs, sondern eine freiere Bearbeitung, die von der schauspielerischen Qualität des Ensembles und dem lockeren Ton von Michael Miensopusts freier Textbearbeitung lebt. Man hätte sich allerdings mehr Parallelschwünge in unsere Welt, mehr Mut zur Weiter-Interpretation und mehr stille Szenenmagie erhofft.
Schwarzwälder Bote, 29. September 2014
Keine leichte Kost für junge Kinder
(von Christoph Holbein)
„Moglis Dschungel“ erweist sich am Landestheater Tübingen als Abenteuer mit neuen Facetten
Mit der Fassung von Walt Disney lässt sich die Inszenierung am Landestheater Württemberg-Hohenzollern Tübingen Reutlingen (LTT) nicht vergleichen. „Moglis Dschungel“ erweist sich als eigenständiges musikalisches Abenteuer aus der Feder von Michael Miensopust, das sich frei nach dem Werk „Das Dschungelbuch“ von Rudyard Kipling bewegt.
Wer sich also die Uraufführung des Jungen LTT für Zuschauer ab acht Jahren, mit dem das Landestheater die neue Saison eröffnet hat, anschauen möchte, der sollte den bekannten Zeichentrickfilm mit seinen berühmten Songs aus dem Kopf und vor allem aus den Ohren verbannen und sich auf eine neue Sichtweise einstellen. Regisseur Michael Miensopust geht bei der Premiere seines Familientheaters im großen Saal des LTT seinen eigenen inszenatorischen Weg. [...]
Es wirkt alles ein wenig spartanisch, was schon beim Bühnenbild von Cornelia Brey anfängt, das auf jegliche Accessoires verzichtet: ein paar Podeste, eine metallene Kletterstange als Baumersatz, ein bisschen grüne Plastikfolie – der Urwald fällt bescheiden aus.
Bei den Kostümen dagegen hat sich Brey einiges Charakteristische einfallen lassen: So albern die Affen in mähniger Perücke, kurzer und doch allzu weiter grüner Hose und Hawaii-Hemd mit Sonnenbrille und flottem Song über die Bühne. Auch die Schlange Kaa ist kostümmäßig schön gelöst.
Und in solchen Szenen nimmt Miensopusts Inszenierung dann auch Fahrt auf. Das ist witzig und offenbart, untermalt von den Kompositionen von Andreas Murnau, in den pointiert gezeichneten Figuren eine klare Sprache. Dabei hat der Regisseur die Tiere im Dschungel in ihrem Auftreten vermenschlicht und fein pantomimisch unterstrichen und äußerst körperbetont mit kleinen Marotten ausgestattet, die sie typisch charakterisieren. Gewürzt mit einer tänzerischen Choreografie und humorvollen Einfällen sowie netten Wortspielereien reift das Spiel. Farbige Lichteffekte deuten Fluss und Feuer an. Ohnehin versucht die Inszenierung modernen Sehgewohnheiten gerecht zu werden. [...]
Die Schauspieler – allen voran Magdalena Flade als Mogli – beweisen eine gute Körperlichkeit, was es den Zuschauern erleichtert, sich in die Figuren hineinzuversetzen. [...]
Alles in allem ein vergnüglicher Familientheater-Abend.
Reutlinger Nachrichten, 29. September 2014
Nur wer sich entwickelt, wird frei
(von Kathrin Kipp)
Das Junge LTT eröffnet die Spielzeit 2014/15 mit „Moglis Dschungel“
„Moglis Dschungel“, so heißt es, ist „kein Waldkindergarten“. Deshalb startet das Junge LTT mit viel tierischem Gebrüll und menschlichen Weisheiten.
Das LTT-Kinder- und Jugendtheater heißt jetzt „Junges LTT“, sonst bleibt vieles beim Gewohnten. Auch, dass der Leiter Michael Miensopust jeweils ein Jugendstück für den Abendspielplan aufbereitet. Jetzt hat er aus Rudyard Kilplings „Dschungelbüchern“ eine eigene LTT-Version für Menschen ab acht geschrieben und inszeniert.
„Moglis Dschungel“ hat aber außer den bekannten Figuren und Motiven eher weniger mit den üblichen weichgespülten Disney-, Musical- oder Kindertheater-Inszenierungen zu tun. In Miensopusts und „Moglis Dschungel“ gilt noch das Gesetz „Fressen oder Gefressen werden“, und durch den Urwald schleichen keine süßen Kuscheltierchen, sondern struppige, kantige und hippiehafte Brüllmonster, die mehr auf funkigen Sprechgesang stehen als auf die bewährten Disney-Hits. Auch der Bühnendschungel (Cornelia Brey) ist keine Wohlfühloase und kein Kindertraumland, sondern maximal ein 70er-Jahre-Zoo-Gehege.
Nur Sonne und Mond schimmern magisch durch den Plastikvorhang. Aber während man noch mit sich selbst diskutiert, ob hier schon dezent auf Tierquälerei und Urwaldzerstörung verwiesen wird, brüllt, heult, faucht, grollt, keift, protzt und sprotzt auch schon die gesamte Fauna über die Bühne. Nur wer für besonders gefährlich gehalten wird, bleibt im Urwald Sieger, weswegen sich alle brutalst viel Mühe geben, Angst und Schrecken zu verbreiten. [...]
So wie hier jeder jedem was vorspielt – eine ganz schöne Challenge für Mogli, in diesem Chaos erwachsen zu werden. Um Moglis Herzensbildung zu fördern, werfen sich seine Freunde und Feinde gegenseitig gerne mal ihre gesammelten Lebensweisheiten an den Kopf: „Wer sich nicht entwickelt, wird niemals frei“, weiß Kaa. „Den Dschungel findest du überall“, weiß Balu.
Und überall dort findest du Musik: Christian Ther und Christian Dähn begleiten Moglis Selbsterkenntnis-Trip live mit einem schwüly-jazzy-funky Dschungelsoundtrack (Musik: Andreas Murnau), bis Mogli endgültig eine Identitätskrise kriegt. Wie viele Leute fragt auch er sich: Wer bin ich? Aber ob Mogli mit richtigen Menschen glücklicher werden kann?
Reutlinger General-Anzeiger, 29. September 2014
(von Veit Müller)
Der böse Tiger Shir Khan, der gutmütige Bär Balu, der smarte Panther Baghira, die betörende Schlange Kaa – fast jedes Kind kennt die spaßige Tierwelt aus dem „Dschungelbuch“.
Die meisten kennen Mogli & Co. Aber sicher weniger aus den Erzählungen des britischen Autors Rudyard Kipling. [...] Funktioniert eine solch bekannte Story, deren bewegte Bilder man immer vor Augen hat, auch auf der Bühne? Will man denn wirklich auch noch im Theater sehen, wie der kleine Junge Mogli bei Wölfen aufwächst und die ganze Dschungelgesellschaft kennen, lieben und fürchten lernt? Als Musical klappt das offenbar sehr gut, weil man dabei ganz auf „Hits“ und überbordende Optik setzt. Aber als „musikalisches Abenteuer“ ohne „Hits“, wie es jetzt das Junge LTT – so heißt das Kinder- und Jugendtheater seit der neuen Saison – versucht? Funktioniert das auch noch?
„Moglis Dschungel“ heißt das LTT-Abenteuer. Es ist eine Urraufführung, der Text verfasst von Regisseur Michael Miensopust, frei nach Rudyard Kipling. Es ist gewagt. [...]
Ein Stück für die ganze Familie, so war es angekündigt.
Und die war bei der Uraufführung auch da: Oma, Opa, Vater, Mutter, Kind. Gut zwei Stunden Dschungelbuch, mit einer Pause zwischendrin. Für die Erwachsenen kein Problem, aber für manch jüngeren Theaterbesucher schon. [...]
Aber das ist auch schon so ziemlich die einzige Kritik, die man bei dieser Produktion anbringen kann: Sie ist einfach zu lang geraten. Dafür waren aber die einzelnen Figuren wunderbar gezeichnet. Die Schauspieler mussten mehrerer Rollen übernehmen, um die ganze Dschungelwelt bevölkern zu können. Außer Magdalena Flade. Sie spielt „nur“ den kleinen Mogli, als wilden, naiven, unbändigen, liebenswerten und neugierigen kleinen Jungen, der sich erst einmal einem vollgepackten Survivaltraining unterziehen muss.
Das klappt natürlich nur, wenn man Freunde hat, wie Baghira (herrlich smart gespielt von Henry Braun) und Balu (sehr gut Daniel Blum), die alle Hände voll zu tun haben, um dem kleinen Mogli das Leitmotiv des Dschungel-Lebens „fressen und gefressen werden“ zu vermitteln.
Aber auch die anderen wie Dimetrio-Giovanni Rupp (Shir Khan), Linda Lienhard (Kaa) und Andreas Laufer als trotteliger Schakal haben die Charaktereigenschaften ihrer Figuren fest im Griff und bringen damit das Dschungelspiel voll auf Touren. Tierkostüme brauchen sie dafür nicht. [...]
LTT Vorbericht, 23. September 2014
(von Susanne Schmitt)
Das Junge LTT feiert seinen 30. Geburtstag – und eröffnet mit der Uraufführung von „Moglis Dschungel“ am Freitag um 20 Uhr die erste Spielzeit unter der Intendanz von Thorsten Weckherlin. Geschrieben und inszeniert wird diese „Dschungelbuch“-Adaption für Zuschauer ab acht Jahren von Michael Miensopust, der auch weiterhin das Junge LTT leitet. Mit diesem musikalische Abenteuer setzt das LTT die schöne Tradition fort, eine altersübergreifende Produktion für die ganze Familie im Saal zu präsentiert. Im Vorfeld der Premiere sprach Dramaturgin Susanne Schmitt mit dem Regisseur und Autor Michael Miensopust und dem Komponisten und Musikalischen Leiter Andreas Murnau über das Menschsein und den Dschungel – und natürlich auch über den Disneyfilm.
Susanne Schmitt: Wenn man „Dschungelbuch“ sagt, denkt jeder gleich an den Disneyfilm. Konnten Sie sich beim Entwickeln des Stückes von den bekannten Bildern lösen?
Michael Miensopust: Ja, beim „Dschungelbuch“ glauben die meisten, dass sie es kennen, aber sie erinnern sich hauptsächlich an den Film. Das Original kennen tatsächlich die wenigsten, es ist ja auch immer in stark bearbeiteten Versionen auf die Bühne oder die Leinwand gebracht worden. Natürlich ist es schwer, sich vom Bild des Zeichentricks zu lösen, das sich wirklich ins kollektive Gedächtnis eingeprägt hat, aber ich denke, dass man in unserer Fassung Rudyard Kiplings „Dschungelbuch“ wiedererkennen wird. Dabei hat mich in seiner Vorlage vor allem das Thema „Mensch sein“ interessiert. Heißt Mensch sein bzw. Mensch werden auch gleichzeitig menschlich sein? Und wie kann man eine solch tiefgehende Frage für Zuschauer ab acht Jahren spannend erzählen? Aber da ist die Geschichte von Mogli, der seinen Weg finden muss, schon ein gutes Bild. Schließlich kann unsere heutige Welt einem 8-Jährigen ja auch manchmal wie ein Dschungel vorkommen, in dem man irgendwie zurecht kommen muss. Und, um nochmal auf den Disneyfilm zurück zu kommen: Die eine oder andere Anspielung wird es bei uns schon auch geben. Aber eben nicht eins zu eins. Aber Kinder wissen ja, dass Theater kein Zeichentrick ist. Und Erwachsene hoffentlich auch...
Susanne Schmitt: „Moglis Dschungel“ ist ein „musikalisches Abenteuer“. Aber eine musikalische „Dschungelbuch“-Adaption ohne „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ – geht das überhaupt?
Andreas Murnau: Nun, ich hoffe, wir können zeigen, dass es möglich ist. Und dabei geht es nicht darum, alles neu erfinden und um jeden Preis anders machen zu wollen. Aber als schreibender Theatermensch hat man doch auch Lust, sich einen bekannten Stoff neu vorzunehmen, aus einer anderen Perspektive zu betrachten und damit umzugehen als würde man ihn noch nicht kennen. Das aktiviert die kreativen Areale und bringt einen auf unerwartete Ideen, die einem selbst – und dann hoffentlich auch anderen – Spaß machen. Dann hat man die allbekannte Vorlage schnell vergessen und beschreitet einen anderen Weg. Der eigentliche Antrieb ist dabei, die Geschichte noch einmal neu zu denken und eine Atmosphäre zu schaffen, in der den Zuschauern die Erfolgstitel aus dem Film gar nicht mehr fehlen. Ich hoffe, wir schaffen das.
Susanne Schmitt: Wie sieht „Moglis Dschungel“ denn aus, ein gemalter Urwald auf der Bühne und Menschen in Tierkostümen?
Michael Miensopust: Nein, so sieht es bei uns bestimmt nicht aus. Es ist viel interessanter, die jeweiligen Charaktere der Figuren zu erkunden und für sie ein Kostüm zu finden, das ihr Wesen widerspiegelt, als dass man halbwegs realistische Tierkostüme zeigt, die im besten Fall schön anzusehen sind. Und unser Dschungel ist ein Dschungel, der auch ebenso ein Vorstadt-Dschungel einer großen Stadt sein könnte, denn einen Dschungel kann man überall finden. Wir werden daher die Bühne nicht voller Büsche hängen, um den indischen Urwald zu simulieren, denn die Zuschauer werden sich assoziativ ihren eigenen Dschungel vorstellen – und das ist sowieso viel spannender. Daher ist es gut, wenn man nicht allzu viel vorgibt.
Susanne Schmitt: Der Urwald ist voller Geräusche. Wie klingt „Moglis Dschungel“?
Andreas Murnau: Da kann ich auch nur sagen, ich hoffe, er klingt bunt, geheimnisvoll und überraschend wie ein richtiger Regenwald. Klassisch, jazzig, funky, lateinisch, brasilianisch und ein kleines bisschen indisch – eben wie alles, was mich als Komponisten im musikalischen Universum fasziniert. Und extra spannend und manchmal auch gruselig durch die Musik- und Geräuschcollagen, die meine beiden wunderbaren Musiker Christian Dähn und Christian Ther zu den Szenen live erfinden.
Susanne Schmitt: Wie sind Sie vorgegangen, was war zuerst – Text oder Musik? Und welchen Einfluss haben die Schauspieler?
Andreas Murnau: Da habe ich, wie meistens, dem Regisseur und Textautor den Vortritt gelassen. Am Anfang stand die Beschäftigung mit Kiplings Vorlage – gewöhnungsbedürftig, denn die aus dem Film bekannte Story kommt in der Erzählungssammlung ja gar nicht vor. Dann kam die Reihe an Filme mit Stoffen zum Thema „Mensch und Dschungel“, „Wolfskind“ und so weiter. Und viel indische Musik. Irgendwann muss man das alles wieder vergessen und setzt sich an die Arbeit. Handlung und Figuren kristallisieren sich heraus, und es wird klar, an welchem Punkt des Geschehens und von welcher Figur ein Lied kommen muss. Und da kommen dann auch die SchauspielerInnen des Ensembles mit ihren Stimmen, Charakteren, mit ihren persönlichen Stärken und auch Vorlieben ins Spiel – denn außer dem Ziel, mit einem neuen Lied dem Handlungsstrang und der jeweiligen Figur gerecht zu werden, möchte man natürlich erreichen, dass sich die DarstellerInnen musikalisch möglichst schön präsentieren können.
Susanne Schmitt: Auf der Bühne stehen lauter Menschen, die Tiere spielen, die zwar menschliche Eigenschaften haben, aber in ihrem Verhalten auch klar als Tier erkennbar sein sollen. Für welches Tier war es am schwierigsten, eine eigene Körpersprache zu finden?
Michael Miensopust: Am schwierigsten war es für den Menschen, denn der hat so viele Möglichkeiten.