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Generationentheater Zeitsprung von Generationentheater Zeitsprung
Schwäbisches Tagblatt, 12. März 2016
(von Andrea Bachmann)
Das Generationentheater Zeitsprung am Landestheater mit seiner neuen Produktion "Seifenblasentango"
Die Regisseurin und Theaterpädagogin Helga Kröplin und ihr Generationentheater präsentieren mit dem "Seifenblasentango" eine bunte und nachdenkliche Revue über Träume und Sehnsüchte, Jugend und Alter, Liebe und Tod.
Der Heißluftballon mit Paul und Lela an Bord landet in der fast ausverkauften LTT-Werkstatt. Lela ist aus dem Krankenhaus getürmt, von dem aus man sie in ein Altersheim verfrachten wollte, Paul kommt mit seiner Mutter nicht klar: "Sie löst meine Probleme immer schon, bevor ich sie habe".
Das ungleiche Pärchen, eine Hommage an Harold und Maude und wie diese beiden hinreißend verschroben, macht sich auf den Weg und begegnet zunächst, friedhofsaffin wie die britischen Originale, einer Trauergesellschaft, die einen ebenso skurrilen wie feinsinnigen Totentanz zum Besten gibt. Ein starker Auftakt! Choeografin Carola Woodhead und Komponist Anselm Schulin begleiten den kompletten Seifenblasen-Tango mit eindrücklichen, aber nie präpotenten Moves und Musik.
Kein Thema ist zu groß: Jedes passt in mindestens ein Leben hinein. Die Truppe bedient sich dazu eines schon seit Chaucers Canterbury Tales aus dem 14. Jahrhundert bewährten literarischen Tricks: Um möglichst viele verschiedene Menschen aufeinander treffen zu lassen, die sich im normalen Leben nie begegnet wären, lässt man Kutschen verunfallen oder Unwetter ausbrechen, und schon findet sich eine hinreichend bunt zusammengewürfelte Gesellschaft an einem möglichst abgelegenen Ort zusammen. Im 21. Jahrhundert stranden die Passagiere eines Fernbusses in einer alten Villa, begleitet von einem etwas unheimlichen Busfahrer namens Harry Fährmann.
Der Kunstgriff ist gelungen: Die extrem heterogene Gruppe des Generationentheaters bekommt so einen inneren Zusammenhalt, jede und jeder hat einen gleichberechtigten Platz auf der Bühne. Allen ist gemeinsam, dass sie sich ganz viel trauen: Die Mutter von Paul ist eine schrille Schreckschraube, die kulturbeflissene Silver-Agerin eine neurotische Nervensäge und ihre krebskranke Freundin Ingeborg ein mageres Mauerblümchen.
Und allen ist gemeinsam, dass sie noch den seltsamsten Charakteren Würde und Menschlichkeit verleihen. Zum Lachen ist hier vieles, eine Lachnummer nichts. Die Regisseurin und Theaterpädagogin Helga Kröplin und ihre ungewöhnliche Theatergruppe, in der die Älteste 91 Jahre alt ist und die Jüngsten im Teenageralter, gestalten ihren Seifenblasentango als medialen Mix aus Filmelementen, Tanz und Theater.
Das Bühnenbild glänzt im improvisierten Shabby Chic, die Kostüme scheinen aus einem Zirkuswagen zu stammen, Regieeinfälle und Sprache sind witzig und fantastisch.
Trotzdem ist nichts komisch. Im Gegenteil. Weder der blondgelockte Altenpfleger, der von seinen Klienten als "Seniorenbändiger mit Waschzwang" tituliert wird, noch die Aquafitness auf dem Trockenen, bei der Claudia Bitzer als trockenschwimmende Lela den vielleicht stärksten Moment des ganzen Abends liefert. Und schon gar nichts Lelas "Olfaktoarchiv", in dem sie Geruchserinnerungen in Reagenzgläsern aufbewahrt. Aber es ist kurzweilig und liebenswürdig.
In diesem ganzen Philosophieren über Zeit und Alter, über verpasste Möglichkeiten und neue Hoffnungen gibt es höchstens zu viele Sätze, die allzu bedeutungsschwer daherkommen. So wie diese Fotosprüche auf Facebook: "Folgen Sie Ihrem Herzen. Dann gibt es nichts Falsches." Das mag zwar wahr sein, aber es ist nicht authentisch, und das ist schade.
Gar nicht schade ist, dass die Gruppe weder Angst vor Kitsch noch vor großen Gefühlen hat. Dass sie Traurigkeit und Einsamkeit zulassen kann, ohne sie versöhnlich auflösen zu müssen. Ein Abschied zwischen Mutter und Tochter oder das Selbstgespräch eines Vaters, der seine tote Tochter so sehr vermisst, dass sie vorerst bei ihm bleibt, gelingen den Akteuren auf eindrückliche Weise. Dafür und für vieles andere gab es verdienten und stürmischen Premierenapplaus.