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Eine lieblose Komödie nach Ben Jonson/Stefan Zweig · Ein Abend des Frauentheater 50+ am LTT nach Ben Jonson/Stefan Zweig
Schwäbisches Tagblatt, 17. Januar 2024
(von Ines Hackenberg)
Zeichenhafter Umgang mit Geschlechterrollen: Das Frauentheater 50+ spielt am LTT die Komödie „Volpone“.
Erstmals arbeitet das Frauentheater 50+, das sich sonst eher dem biografischen Theater verschrieben hat, mit einem fertigen Bühnentext – und hat sich dafür einen echten Klassiker des englischen Dramas vorgenommen. „Volpone“ ist eine gnadenlose Satire auf Gier und Lust und ist bis heute Ben Jonsons meistgespieltes Stück. Am vergangenen Freitag hatte das Stück Premiere im LTT.
Ben Jonson (1572–1637), ein Zeitgenosse und Rivale Shakespeares, veröffentlichte seine berühmte Komödie zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Drei Jahrhunderte später überarbeitete Stefan Zweig (1881–1942) den Text sowie manche Figuren, schrieb ein neues Ende und gab seiner Version den Untertitel „Eine lieblose Komödie in drei Akten“.
Die Komödie handelt vom titelgebenden Volpone (Elisabeth Straussinsky), einem reichen und überaus bösartigen älteren Mann, der schon sein ganzes Leben darauf aus ist, sein Vermögen ins Unermessliche zu steigern – getreu dem Motto „Geld regiert die Welt“. Gemeinsam mit seinem vermeintlich treuen Diener Mosca (Gabi Oechsle-Kober) heckt er dafür einen teuflischen Plan aus: Er lässt verkünden, er sei sterbenskrank, um sich dann von seinen Freunden Corbaccio (Ulla Huhn) und Corvino (Dorothea Gauss-Landsleitner), die beide auf sein Erbe hoffen, umschmeicheln und reich beschenken zu lassen. „Ah, da rinnt ihnen schon der Geifer von der Zunge, und sie fangen an zu tanzen um mein Geld“, freut sich Volpone: „Ach, wie sie mich lieben: Freund Volpone! geliebtester Freund!“ Da ahnt er noch nicht, dass ihm sein Übermut später zum Verhängnis wird. Er genießt das makabre Schauspiel in vollen Zügen und merkt dabei nicht, dass er selbst an der Nase herumgeführt wird.
Das Stück ist ein wahrer Augenschmaus für Freunde des schwarzen Humors und hat an Aktualität bis heute nicht verloren. „Auf der Bühne einfach mal garstig, böse und gemein zu sein. Das ist schon sehr befreiend“, sagt Regisseurin Miriam Rösch zur Wahl des Stückes. Die ausschließlich weibliche Besetzung männlicher Rollen verleiht ihrer Inszenierung einen besonderen Reiz – besonders, da die Dramen der englischen Renaissance nicht gerade für ihre feministischen Frauenfiguren bekannt sind. „In Umkehrung zum elisabethanischen Theater, wo ja oft alle Rollen, egal welchen Geschlechts, von Männern gespielt werden, werden bei uns alle Figuren von Frauen dargestellt“, erklärt Regisseurin Rösch dazu: „Und damit spielen wir auch! Wir versuchen nicht, möglichst realistisch Männer zu verkörpern, sondern eher zeichenhaft mit Geschlechterrollen umzugehen.“ Bei der gut besuchten Premiere im LTT sorgte die humorvolle Inszenierung jedenfalls für zahlreiche Lacher und tosenden Applaus. Die angeklebten Bärte unterstützen das humoristische Spiel der theaterbegeisterten Frauen wunderbar – und das minimalistisch gehaltene Bühnenbild lässt ihnen genug Freiraum, das Stück selbst mit Leben zu füllen, auch durch musikalische Einlagen. So steigert sich die Inszenierung mit jedem Akt, bis es in einer durch und durch absurden Gerichtsverhandlung seinen Höhepunkt findet und schließlich am Ende doch noch eine moralische Wendung erfährt.
Eifersucht und blanke Wut, Gier und Lust, Neid und Geiz – sämtliche Abgründe der menschlichen Seele finden Eingang in dieses Stück. Die Zuschauer können sich dabei köstlich amüsieren.